Laryngorhinootologie 1988; 67(12): 616-620
DOI: 10.1055/s-2007-998575
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Bedeutung von schleichenden Strömungen für die kalorische Erregbarkeit der Gleichgewichtsorgane in Schwerelosigkeit*

The Meaning of Creeping Flows in the Vestibular Caloric Excitability in WeightlessnessH. W. Pau1 , W. Limberg2
  • 1Universitäts-HNO-Klinik, Hamburg (Direktor: Prof. Dr. U. Koch)
  • 2Aerodynamisches Institut für Strömungslehre der RWTH Aachen (Direktor: Prof. Dr. E. Krause)
* Auszugsweise vorgetragen anläßlich der 59. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, vom 15.5. bis 19.5.1988 in Nürnberg
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Báránys Theorie der kalorischen Erregbarkeit der peripheren Gleichgewichtsorgane beruhte auf der Annahme einer unter Schwerkraft auftretenden, wärmebedingten freien Endolymphkonvektion im Bogengangsbereich. Da die Cupula wie eine „Konvektionsbremse” die Ampulle verschließt, wurde die Báránysche Theorie modifiziert. Ein kalorischer Nystagmus ist nun auch in Schwerelosigkeit auslösbar, d.h. unter Bedingungen, bei denen infolge fehlender Gravitation keine Auftriebskräfte wirken können. Zur Erklärung dieses Phänomens wurde die Volumenvermehrung durch die Erwärmung herangezogen, wodurch es infolge einer einseitigen Druckerhöhung oder Volumenvermehrung auf der erwärmten Seite zu einer Cupulaauslenkung kommen soll. Aus experimentellen fluidmechanischen Untersuchungen und mathematischen Überlegungen wird auf eine bislang nicht berücksichtigte „schleichende” kalorisch bedingte Endolymphströmung geschlossen, die in der Lage ist, sowohl die kalorische Erregbarkeit in Schwerelosigkeit, als auch bisher schwer interpretierbare Phänomene unter Schwerkraft zu erklären.

Summary

Bárány's theory of caloric nystagmus is based on the assumption of fluid convection in the perilymph. It was a great surprise that caloric nystagmus could be demonstrated in weightlessness as well, i.e. under conditions in which thermoconvection cannot occur because of loss of gravity. This phenomenon was explained by different theories, each of which is bound to certain assumptions. Experimental investigations and mathematical approaches concerning fluid mechanics of the endolymph under calorisation, indicate that creeping flow must be an important factor. This flow-not taken into consideration so far-may explain caloric nystagmus in weightlessness as well as some difficult problems in caloric excitability on farth.

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