Zusammenfassung
Hintergrund: Im Hinblick auf die sog. „Altershörigkeit” (Presbyakusis) ist der klinische Einsatz
von Distorsionsprodukten otoakustischer Emissionen (DPOAE) Gegenstand der Forschung.
Patienten und Methode: Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung des Wachstumsverhaltens der DPOAE
bei der Altersschwerhörigkeit. Hierzu wurden 15 normalhörende Erwachsene und 15 gleichaltrige
Patienten mit einer Presbyakusis verglichen. Wir haben uns die Frage gestellt, ob
sich mit Hilfe der Wachstumsfunktionen der DPOAE cochleäre Funktionsstörungen bei
altersschwerhörigen Menschen erkennen lassen. Die Registrierung der DPOAE der Frequenz
2f1-f2 erfolgte unter Beibehaltung eines konstanten Frequenzverhältnisses (f2/f1 =
1,23) im Bereich zwischen f2 = 1129 Hz und f2 = 8875 Hz. √f1·f2 entsprach den Audiometerfrequenzen
im Bereich zwischen 1,0 kHz und 8,0 kHz. Zur Erstellung der DPOAE Wachstumsfunktionen
wurden die Primärtonpegel L1 und L2 (L1 = L2) in 3-dB Schritten zwischen 20 und 71
dB SPL variiert. Ergebnisse: Die DPOAE Wachstumskurven normalhörender Ohren zeigten zwei unterschiedliche Kurvenanteile.
Der erste Kurvenanteil - als Antwort auf Primärtonpegel von bis zu 60 dB SPL - wies
einen gekrümmten Verlauf mit einer Sättigungscharakteristik auf. Bei Primärtonpegeln
oberhalb von 60 dB SPL näherten sich die Wachstumsfunktionen einem linearen Kurvenverlauf.
Die Ohren mit altersbegleitender Hochtonschwerhörigkeit zeigten eine Linearisierung
der DPOAE Wachstumsfunktionen mit Verlust der Sättigungscharakteristik nicht nur für
Primärtöne aus dem Frequenzbereich des Hörverlustes, sondern auch für die tonaudiometrisch
noch normalhörenden Frequenzen. Schlußfolgerungen: Die Registrierung der DPOAE Wachstumsfunktionen bei Presbyakusis ermöglicht somit
zusätzliche Informationen über degenerative Veränderungen der äußeren Haarzellen und
erlaubt neue Einblicke in den Pathomechanismus der altersbegleitenden Schwerhörigkeit.
Die DPOAE Wachstumsfunktionen sind in der Lage, bei einer Presbyakusis auch diskrete
pathologische Zustände sowohl in der aktiven als auch der passiven cochleären Signalverarbeitung
aufzudecken - bevor dies die klinische Audiometrie vermag.
Summary
Background: DPOAE are still undergoing evaluation for clinical use. The aim of the present study
is to assess DPOAE in a clinical setting in order to examine the response of 15 normally
hearing adults and to compare the results with those of 15 people with presbycusic
ears of known sensorineural high-frequency hearing loss. Methods: For realizing DPOAE input-output (I/O) functions, the two primary stimuli were presented
at intensities of the same level ranging from 20 to 71 dB SPL. The geometric mean
of primaries represented auditory frequencies varying between 1.0 and 8.0 kHz. Results: We found two clearly separated portions in I/O functions of normally hearing ears.
The first portion, in response to primary intensities of 60 dB SPL and below, showed
saturation behavior. If primary intensities exceeded 60 dB SPL, I/O functions became
more linear. In presbycusic ears, the loss of a saturation portion in response to stimulus levels
below 60 dB SPL shows two particularities: Firstly, the linearity in I/O functions, as a response to geometric mean value of
primaries with elevated audiometric threshold (above 1.5 kHz), could be explained
by lesions in the active properties of the outer hair cells, revealing the cochlear
nature of presbycusis. Secondly, the additional loss of a saturation portion in frequencies
with normally pure-tone audiometric threshold (up to and including 1.5 kHz) could
be interpreted as a result of onset of injury in the active micromechanics of the
cochlea - just before its clinical manifestation. Conclusions: DPOAE growth functions may reveal discrete pathological alterations both in the active
cochlear signal processing and in the passive mechanisms of the presbycusic cochlea
prior to their detection by clinical audiometric tests.
Schlüsselwörter
Otoakustische Emissionen - Distorsionspro-duktemissionen - Input-Output-Funktionen
- Presbyakusis
Key words
Otoacoustic emissions - Distorsion-product otoacoustic emissions - Presbycusis