Laryngorhinootologie 1994; 73(6): 338-341
DOI: 10.1055/s-2007-997143
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zur prognostischen Wertigkeit der Elektrodiagnostik bei der Bell'schen Lähmung

The Prognostic Value of Electrodiagnostic Methods in Bell's PalsyR. Laskawi, Chr. Drobik, C. Baaske
  • Universitäts-HNO-Klinik Göttingen (Direktor: Prof. Dr. med. W. Steiner)
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Von 119 Patienten, die sich in den Jahren 1982 bis 1990 wegen einer Bell'schen Lähmung einer Infusionstherapie unterzogen, zeigten 39 % Degenerationszeichen in der Elektromyographie (EMG) oder der Neuromyographie (NMG). In 93 % der Fälle kam es unter Infusionstherapie nach dem von Stennert (19,20) angegebenen Schema innerhalb des Nachuntersuchungszeitraumes von einem Jahr zur defektfreien Ausheilung. Die Einteilung in Altersklassen ergab, dass der Anteil an Paresen mit Degenerationszeichen mit steigendem Lebensalter zunimmt. Lag er bei unter 20jährigen bei rund 20%), so stieg er bei den über 60jährigen auf 55% an. Dieser wechselnde Anteil an Lähmungen mit Degenerationszeichen hatte jedoch keinen Einfluß auf die defektfreie Ausheilung, die in jedem Alter vergleichbar hoch war. Wurde die Infusionstherapie innerhalb der ersten 7 Tage nach Auftreten der Lähmung begonnen, traten keine Defektheilungen auf. Für die Zeit nach dem siebten Tag ließ sich eine Regressionsgerade ermitteln, die eine rasche Verschlechterung des Therapieerfolgs anzeigt. Nach einem Jahr lag die Heilungsrate für die nichtdegenerativ verlaufenden Lähmungen bei 94 % und damit etwa gleich gut wie für Paresen mit Degenerationszeichen, die in 91% ausheilten. Während erstere jedoch zu etwa 80% bis zum dritten Monat ausgeheilt waren, heilten die degenerativ verlaufenden Lähmungen zu rund 80% erst nach dem dritten Monat nach Paresebeginn aus, im Mittel nach 6,1 Monaten. Nach oraler Kortisonmonotherapie kam es bei den Lähmungen mit Degenerationszeichen in der Hälfte der Fälle zur Defektheilung. Unter der Prämisse einer adäquaten Infusionstherapie gibt die Elektrodiagnostik bei der idiopathischen Fazialisparese demnach keine Antwort auf die Frage, ob eine Parese ausheilen wird oder nicht. Der prognostische Wert der Elektrodiagnostik liegt vielmehr in der Voraussage der Abheilungszeit.

Summary

Many papers report on a poor rate of complete restitution of Bell's palsy if signs of degeneration can be detected in neuromyography (NMG) or electromyography (EMG). In 119 patients who underwent infusion therapy (as developed by Stennert [19,20]) 39% showed signs of degeneration in EMG or NMG. Complete restitution was achieved in 93% of these patients. Degeneration was more frequent in elderly patients (< 20 years: 20%, > 60 years: 55%). This did not affect the rate of complete restitution, which was constantly high for every age. If infusion therapy was started within 7 days after onset of the disease, no defects in restitution were observed, which was frequently so if therapy was started later. After one year the rate of complete restitution was about equal in cases with signs of degeneration (91%) and non-degenerative cases (94%). But 80% of the non-degenerative cases showed complete restitution within 3 months after onset of the palsy, whereas 80 % of cases with signs of degeneration healed after this date (mean 6.1 months). After oral therapy with Cortisol exclusively half of the degenerative cases did not attain complete restitution. After infusion therapy EMG and NMG do not answer the question if a Bell's palsy will heal completely or not but enable us to predict when this will probably be the case.

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