Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65(12): 550-554
DOI: 10.1055/s-2007-996362
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische und ethische Probleme der Klassifikation psychischer Störungen

Dargestellt am Beispiel des ,,Würzburger Schlüssels" von 1933Medical and Ethical Problems in the Classification of Mental DisordersThe ,,Wurzburger Schlüssel" from 1933Andrea  Dörries1 , J.  Vollmann2
  • 1Institut für Geschichte der Medizin der Freien Universität Berlin
  • 2Psychiatrische Klinik der Freien Universität Berlin und Institut für Geschichte der Medizin der Freien Universität Berlin
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 January 2008 (online)

Abstract

In 1930 a new classification of mental disorders, later on known as ,,Würzburger Schlüssel", was developed and tested for two years. It replaced the ,,Reichsirrenstatistik" from 1901, and included new disease entities. This pragmatical classification was mainly descriptive including a few elements regarding aetiology and course of disease. The ,,Würzburger Schlüssel" put emphasis on addictions (especially alcoholism), psychopathy (in teenagers as well as in adults) and on the sequelae of syphilis. However, most of the diseases in elderly patients were not classified as being due to the various descriptive disease entities, but to the age related category. The fundamental problems of the development and practice of a classification of psychic disorders and the accompanying medical and ethical problems, which are still important today, are discussed.

Zusammenfassung

Im Jahr 1930 wurde eine Klassifikation psychischer Erkrankungen, später ,, Würzburger Schlüssel" genannt, für statistische Zwecke ausgearbeitet und über zwei Jahre getestet. Sie löste die bis dahin gültige ,,Reichsirrenstatistik" von 1901 ab und nahm neue Krankheitseinheiten auf. Die pragmatische Kategorienbildung war hauptsächlich deskriptiv und altersorientiert mit ätiologischen und wenigen verlaufsorientierten Komponenten. Der ,,Würzburger Schlüssel" setzte Schwerpunkte bei Suchten (besonders Alkohol), bei Psychopathien (differenziert nach Erwachsenen und Jugendlichen) und bei Folgeerkrankungen der Syphilis. Verschiedene bei älteren Patienten auftretende Erkrankungen wurden in der Praxis meistens nicht den einzelnen deskriptiven Kategorien, sondern der altersgebundenen Kategorie zugerechnet. Am Beispiel der Diskussion um den ,,Würzburger Schlüssel" und dessen Anwendung in psychiatrischen Kliniken werden die auch heute noch aktuellen grundsätzlichen medizinischen und ethischen Probleme bei der Klassifikation psychischer Störungen dargestellt und diskutiert.

    >