Zusammenfassung
Die Erforschung des präoperativen Stresses beinhaltet die Ermittlung der auslösenden
Stressoren sowie die Erfassung der emotionalen, physiologischen und biochemischen
Komponenten. Die Auswahl der Methoden muß sich an der Fragestellung orientieren. Wir
müssen einerseits in der Lage sein, die gestellten Fragen zu beantworten, die Meßinstrumente
sollten jedoch auch sparsam und ökonomisch angewendet werden. Vor einer Überinterpretation
und Überschätzung der sog. objektiven Streßparameter (physiologische und biochemische)
wird gewarnt. Im klinischen Alltag ist die Befragung der Patienten nach ihrer psychischen
Verfassung sehr hilfreich. Sie ist der Fremdeinschätzung ohne Befragung weit überlegen.
Die Messung von Blutdruck und Puls als physiologische Streßparameter ist ausreichend.
Die Beobachtung des Verhaltens ist für die Einschätzung der individuellen Streßverarbeitung
hilfreich. Für wissenschaftliche Fragestellungen können die Bestimmungen von Streßhormonen
zusätzliche Informationen geben. Die Streßprophylaxe umfaßt die Vermeidung aller bekannten
Stressoren. Dies ist eine organisatorische und humane Aufgabe, die eine hohe menschliche
Kompetenz erfordert. Die Therapie erfolgt im zwischenmenschlichen Bereich zwischen
medizinischem Personal und Patient sowie medikamentös. Benzodiazepine sind die derzeit
besten streßreduzierenden Pharmaka in der präoperativen Phase. Die Ergebnisse der
Streßforschung können dem Anästhesisten Antwort auf die Frage geben: „Wie verhält
es sich in der Regel?” Sie gibt ihm keine erschöpfende Antwort auf die Frage: „Wie
verhalte ich mich in einer speziellen Situation?”
Summary
The scientific approach to preoperative stress includes the identification of stressors
and the measurement of stress responses. The stress responses include physiological
(sympathetic nervous system, hypothalamic - hypophyseal and adrenocortical system),
psychological (anxiety, depression etc.) and behavioural ones. The choice of variables
to be measured should allow answers for our questions, i.e., they must be adequate
and economic, without or only minimal disturbance of the preoperative situation. The
value of physiological and biochemical parameters is often overestimated. Their assessment
is indicated in special scientific settings. For simple questions such as premedication
studies, the measurement of blood pressure and heart rate is sufficient. Anxiety should
be selfestimated by the patient, using visual analogue scales, questionnaires or adjective
check lists. Depression and other emotional stress responses can be assessed if necessary.
For physicians and nurses, an observation of the patient's behavioural stress responses
is a useful criterion for assessing patient stress. One important stress-reducing
approach is prevention: identification and avoidance of stressors. This includes organisation
and a high degree of self-control by the medical personnel. Premedication with benzodiazepines
is the most successful pharmacological approach.
Schlüsselwörter:
Streß - Angst - Depression - Anästhesie -Operation - Benzodiazepine
Key words:
Stress - Anxiety - Depression - Anaesthesia - Operation - Benzodiazepines