Zusammenfassung
Die Beschreibung einer Vielzahl peripherer und zentraler modulierender Mechanismen
in der Schmerzverarbeitung hat in den letzten Jahren zu einem erheblichen Wandel im
Verständnis des Phänomens Schmerz geführt. Schmerzreize können zu komplexen neuroplastischen
Veränderungen im reizverarbeitenden System führen, an denen verschiedene Rezeptor-
und Transmittersysteme beteiligt sind. So scheinen N-Methyl-D-aspartat-(NMDA)-Rezeptor-vermittelte
spinale Sensibilisierungsprozesse zu den pathophysiologischen Korrelaten von Symptomen
wie Allodynie und sekundärer Hyperalgesie, insbesondere bei chronischen, neuropathischen
Schmerzzuständen, zu gehören. Möglicherweise ist auch die häufig zu beobachtende reduzierte
Ansprechbarkeit dieser Schmerzzustände auf Opioide und die Entwicklung einer Opioidtoleranz
auf solche zentralen „wind-up”-Prozesse zurückzuführen. Es wird ein Überblick über
die Ergebnisse aus vorwiegend tierexperimentellen Untersuchungen zu Mechanismen zentraler
Schmerzmodulation und deren Beeinflussung durch NMDA-Rezeptorantagonisten gegeben.
Die bisher gemachten Erfahrungen mit der Verwendung NMDA-Rezeptor-blockieren-der Substanzen
in der Therapie chronischer Schmerzen werden dargestellt. Zwar schränkt das Auftreten
von psychomimetischen Nebenwirkungen wie Verwirrtheit und Halluzinationen die breite
klinische Anwendung, insbesondere von Präparaten wie Ketamin zur adjuvanten Schmerztherapie
noch ein, doch die eindeutige Wirkung auf durch zentrale Sensibilisierungsprozesse
hervorgerufene Schmerzanteile und die Verbesserung der Wirkung von Opioiden eröffnet
neue therapeutische Perspektiven.
Summary
The treatment of patients suffering from chronic neuropathic pain remains a clinical
challenge, particularly in cases where opioid therapy fails to provide sufficient
pain relief. Spinal sensitization might be one cause for induction and maintenance
of such states of pain, frequently accompanied by symptoms like allodynia, hyperalgesia
and temporal summation of second pain. Experimental data concerning the role of NMDA-mediated
processes in central sensitization and the effects of NMDA receptor antagonists in
different models of neuropathic pain are reviewed. In clinical trials ketamine and
other NMDA receptor blocking agents caused a significant reduction of hypersensitive
states of pain, but nearly all authors described psychomimetic and other side effects.
Aminoadamantanes like memantine and amantadine also have NMDA blocking properties
and are widely used in the treatment of Parkinson's disease. Further clinical studies
may reveal whether these substances will play a role as adjuncts in future pain treatment.
Improving the efficacy of opioids by blocking NMDA receptor-mediated activity constitutes
another clinically relevant concept for pain management. Numerous experiments have
shown synergistic effects of NMDA antagonists and opioids in analgesia, while the
development of opioid tolerance was prevented.
Schlüsselwörter
NMDA-Rezeptorantagonisten - neuropathischer Schmerz - zentrale Sensibilisierung -
Ketamin - Opioidtoleranz
Key words:
NMDA receptor antagonists -central sensitization - ketamine - opioid tolerance - neuropathic
pain