Zusammenfassung
Hintergrund: In der Gesundheitsversorgung werden Risiko und Sicherheit aus der Sicht der Ärzte
(Experten) getroffen. Entscheidungsträger werden mit traditionellen, objektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten
beschrieben. Patienten (Laien), die nicht über die gleichen Informationen verfügen,
treffen ihre Entscheidungen auf dem Boden anderer Kriterien. Diese unterschiedlichen
Kriterien führen bei Experten und Laien zu divergierenden Schlussfolgerungen und sind
Ursache von Konflikten.
Ziele: In der vorliegenden Arbeit werden die Entscheidungskonflikte zwischen Experten und
Laien an konkreten Beispielen dargestellt. Die Relevanz dieser Konflikte für das Gesundheitssystem
wird dargelegt und ein Lösungsweg wird durch die Diskussion des Konzepts der gefühlten
Sicherheit skizziert.
Methoden: Unsere Überlegungen zur gefühlten Sicherheit, die Anwendung des Konzepts auf das
Gesundheitssystem und das abgeleitete Konzept eines Lösungsweges beruhen auf praktischen
Beispielen verschiedenere Lebensbereiche und auf Daten aus der Literatur.
Ergebnisse: Die Ergebnisse lassen sich in fünf Aussagen zusammenfassen. 1. Gefühlte Sicherheit
ist ein menschliches Grundbedürfnis. Dieses Grundbedürfnis kann für jedes Szenario
spezifisch quantifiziert werden. Es wird im Gesundheitssystem bisher zu wenig beachtet,
stellt aber für Entscheidungen in diesem System einen bedeutenden Faktor dar. 2. Konkrete
Entscheidungskonflikte werden dargestellt, die durch die unterschiedlichen Sichtweisen
von Sicherheit bei Experten und Laien zustande kommen. 3. Als Ursachen dieser Konflikte
werden das Unvermögen von Laien, mit Wahrscheinlichkeiten umzugehen, und die Macht
der Emotion diskutiert und mit Beispielen belegt. 4. Nachdem diskutiert wurde, dass
das Konzept der gefühlten Sicherheit im bestehenden Gesundheitssystem nicht akzeptiert
werden kann, wird erörtert, den vorhandenen Konflikt im bestehenden System zu akzeptieren
oder eine Änderung des Sys-tems einzuleiten. 5. Abschließend wird die Möglichkeit
zur Lösung des Konflikt in drei Punkten zusammengefasst: Wechsel von einer Kosten-orientierten
zu einer Werte-orientierten Medizin. Orientierung der Versorgungsleistungen und -strukturen
an den Bedürfnissen des Patienten und Messung von patienten-relevanten Outcomes einschließlich
der Gesamtkosten der Versorgung.
Schlussfolgerungen: Gefühlte Sicherheit ist ein im Gesundheitssystem bisher kaum beachtetes Grundbedürfnis,
das jetzt erkannt, quantifiziert und diskutiert werden kann. Die bestehenden Strukturen
unseres Gesundheitssystems sind allerdings wenig geeignet, um das Konzept der gefühlten
Sicherheit in die Praxis umzusetzen.
Abstract
Background: Risk and safety are described in health care from the physician's (expert's) point
of view. Decisions are based on traditional, objective probabilities. Patients (lay
persons), who are not aware of the same information like experts base their decisions
on different information. These different informations lead to different conclusions
in experts and lay persons and cause conflicts.
Goals: In this paper we use examples to describe decision conflicts among experts and lay
persons. The importance of these conflicts for the health care system is demonstrated
and a possible solution is offered discussing the concept of perceived safety.
Methods: Our considerations on perceived safety, the application of this concept to the health
care system, and the derived solution of conflicts are based on practical examples
from various areas of daily life and literature.
Results: The results can be summarized in five statements. 1. Perceived safety is one of the
basic human needs. This need can be specifically quantified for any scenario. It is
not payed sufficient attention in health care despite of its important role for decision
making. 2. Explicit conflicts of decisions are described which are caused by different
views of experts and lay persons on safety. 3. As reasons for these conflicts we discuss
the inability of lay persons to deal with probabilities and the power of emotions
and provide examples for illustration. 4. Based on considerations that the concept
of perceived safety causes conflicts when integrated in the present system we discuss
either to accept these conflicts or to change the system. 5. Finally a possible solution
of the conflict is offered in three points. Change from a cost-based to a value-based
medicine. Health services and structures have to be adapted to the patient's needs
and finally patient-related outcomes including total costs of care have to be assessed.
Conclusions: Perceived safety is a basic human need that is paid not enough attention in health
care systems. It can now be quantified and its future role in health care decisions
can be discussed. The structures of our health care systems are, however, not optimal
for implementing the concept of perceived safety.
Schlüsselwörter
Sicherheit - gefühlte - subjektive - Reform - Bedürfnisse
Key words
safety - perceived - subjective - reform - needs