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DOI: 10.1055/s-2007-992974
Amblyopie – mögliche, durchgreifende Frühvorsorge reduziert auch die Schielhäufigkeit. Änderung des „genius epidemicus“?
Die Wirksamkeit von Vorsorge-Untersuchungen, um Amblyopien oder Risikofaktoren für deren Entstehung zu entdecken, ist inzwischen gut belegt (britische, skandinavische Gruppen, Frühvorsorge in Kulmbach/Bayern). Die Risikofaktoren sind gut bekannt. Es zeigte sich, dass die Entwicklung während des ersten Lebensjahres offensichtlich bereits die Weichen stellt, ob ein Kind u.U. erst im 2. Lebensjahr oder gar später zu schielen beginnt. Eine einseitige oder bilaterale Amblyopie bildet sich wahrscheinlich schon im 1. Lebensjahr aus, vorwiegend auf der Grundlage hoher Ametropien. Augenärztliche Untersuchungen von Geburt bis ins 5. Lebensjahr zeigten folgendes Ergebnis: Nach bisheriger, nicht ganz vollendeter Auswertung fanden wir nur bei Kindern, die zwischen Monat 4 und Monat 10 eine Hyperopie von 4 D oder mehr hatten und nicht korrigiert wurden, später Schielen oder Amblyopie. Auch dann, wenn diese Ametropie inzwischen weitgehend weg gewachsen war. Inzwischen ist die Bedeutung einer möglichst frühen Diagnostik und Gläserverordnung z.T. bereits in der Augenpraxis erkannt worden. So tragen bei Untersuchungen der Sehschärfe und der Stereopsis, wie auch des motorischen Status bei 4- und bei 5-Jährigen, 6–8% der Kinder eine Brille. Man findet heute bei Kindern zwischen 4 Jahren und 7 Jahren eine Amblyopierate von höchsten 4%, in mehreren 1. Schulklassen zwischen 1 und 3%! (Mehrere Dissertationen Mediz. Fak. Hamburg). Diese gegenüber früheren Untersuchungen weit geringere Häufigkeit (in den 70er-Jahren 5–6% in Hamburg wie auch in Schleswig-Holstein) allein auf bessere Vorsorge zurückzuführen, fällt uns jedoch schwer. Dies auch, weil gleichzeitig die Schielhäufigkeit überproportional zur Geburtenzahl erheblich zurückging, von 5–6% auf jetzt 2 bis 4% der 6-Jährigen! Besonders die schweren motorischen Störbilder mit Nystagmus und Alphabet-Phänomenen sind seltener geworden. Steckt unabhängig von jeder Vorsorge eine andere Ursache hinter diesem Wandel?