Rofo 2007; 179(12): 1222
DOI: 10.1055/s-2007-992886
Brennpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bakterieller Hirnabszess - Radiologischer Index ISI erlaubt Beurteilung des Schweregrades

Further Information

Publication History

Publication Date:
27 November 2007 (online)

 

Der bakterielle Hirnabszess ist ein grundsätzlich behandelbarer fokaler eitriger Prozess, dessen Diagnose und Therapie sehr früh erfolgen müssen. Die Entscheidung, ob medikamentös oder chirurgisch vorgegangen wird, basiert auf radiologischen, klinischen und Laborbefunden. Bislang existierte für die Erkrankung kein einheitlicher prognostischer Indikator. M. K. Demir et al. legten nun die erste Untersuchung eines solchen Indikators vor, für den die Bildgebungsbefunde als Beurteilungssystem genutzt werden. Clin Radiol 2007; 62: 564-572

Insgesamt 96 Patienten mit klinisch diagnostiziertem bakteriellem Hirnabszess wurden retrospektiv untersucht. Von den 66 Männern und 30 Frauen mit einem mittleren Alter von 29,7 Jahren waren 29 Patienten unter 15 Jahre alt. Bei der ersten Vorstellung wurde der neurologische Status der Patienten entsprechend dem Glasgow Coma Score (GSC) bewertet. Beim GSC ist 3 der schlechteste, 15 der beste Wert. Er wird aus den Parametern Augenöffnung, verbale Kommunikation und motorische Reaktion gebildet. Ein GSC von 13 und höher bedeutet geringgradige, 9-12 moderate und ≤ 8 schwere Hirnverletzung.

CT-Aufnahmen lagen von 55 Patienten vor, während 41 Patienten mit CT und MRT untersucht wurden. Die Befunde wurden anhand von 5 Parametern beurteilt: Anzahl, Lokalisation und Größe der Läsionen sowie Vorkommen und Ausdehnung periläsionaler Ödeme und Mittellinienverlagerung. Die einzelnen Parameter erhielten jeweils einen Punktwert (Tab. [1]). Aus der Gesamtpunktzahl wurde der Imaging Severity Index (ISI) gebildet. Anschließend untersuchten die Autoren, ob der radiologische ISI-Wert mit dem neurologischen GSC korreliert bzw. welche signifikanten Unterschiede zwischen den Werten festzustellen waren.

Die Werte für ISI und GSC sind negativ korreliert, haben also eine inverse Beziehung. Beide Werte zeigen signifikante Unterschiede bei Patienten, die sich entweder gut erholten oder bei denen unerwünschte Ereignisse eintraten. Der Cut-off-Wert für ISI beträgt 8 Punkte; bei Patienten mit 9 oder mehr Punkten ist die Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte Ereignisse eintreten, erhöht. Beim GSC liegt der Cut-off-Wert bei 13 Punkten; die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte Ereignisse eintreten, betrifft Patienten mit GSC-Werten von 12 oder weniger. Nur bei 3 von 41 Patienten mit einem ISI-Wert ≤ 8 traten unerwünschte Ereignisse ein, aber bei 38 von 55 Patienten mit einem ISI-Wert von ≥  9. Erreichte der GSC-Wert 13 Punkte oder mehr, kam es bei 23 von 71 Patienten und bei GSC-Werten ≤ 12 bei 18 von 25 zu unerwünschten Ereignissen. Die statistische Auswertung beider Bewertungssysteme als Prädiktoren für den Ausgang der Erkrankung ergab, dass die ISI-Methode signifikant konsistenter ist als die GSC-Bewertung.

Tab. 1 Berechnung des Imaging Severity Index bei Patienten mit bakteriellen Hirnabszessen

    >