Frage: Das Glioblastom zählt laut WHO zu den Astrozytomen Grad IV und tritt am häufigsten
bei älteren Erwachsenen auf. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Erste Symptome
sind meist Kopfschmerzen, die sich bei Lageänderungen wie beim Bücken (Bewegungen,
die intrakranielle Druckschwankungen bewirken) verstärken. Fokale neurologische Ausfälle
wie Paresen, Aphasien, Sehstörungen, etc. kommen meist bald hinzu. Ebenso sollten
erstmals auftretende epileptische Anfälle stets an einen Hirntumor denken lassen.
Die Glioblastom-Erkrankung verläuft meist rasch mit infauster Prognose. Die therapeutischen
Möglichkeiten beschränken sich auf operative, strahlen- und chemotherapeutische Ansätze
zur Lebensverlängerung. Um den erhöhten Hirndruck zu senken, erhalten die Patienten
Corticosteroide (mit den Konsequenzen der Steroidmyopathie und -osteoporose). Die
vorliegende Präsentation hat zum Ziel Probleme und Defizite bei Patienten mit Glioblastomen
aufzuzeigen und auf rehabilitative Möglichkeiten einzugehen.
Methode: Durch Gespräche (und Einsatz eines strukturierten Fragebogens) mit betroffenen Patienten
und deren Angehörigen wurde versucht, die wesentlichsten Probleme und Defizite bei
Patienten mit Glioblastomen zu erfassen. Dabei wurden sechs Patienten (n=6, m:f=5:1,
60±12 range 46–80 Jahre) mit ihren Angehörigen befragt.
Ergebnis: Die Angaben der befragten Patienten bzw. der Angehörigen ergaben weitgehend gleiche
Probleme und Defizite. Patienten mit Glioblastom weisen durch die Symptome der Grunderkrankung
sowie durch jene der lebensverlängernden Therapien enorme Defizite in ihrem körperlichen
Zustandbild sowie ihrer Lebensqualität auf. Vorherrschend waren eine allgemeine Schwäche
und eine ausgeprägte Schwäche der Skelettmuskulatur (und hier vor allem der Gesäß-
und Kniestreckmuskulatur). Weiters zeigten sich diverse neuropsychologische Defizite
(Aufmerksamkeitsdefizie, Aphasie, Akalkulie, Alexie, etc.), sowie Ernährungsstörungen
und psychische Probleme und Einschränkungen im zwischenmenschlichen Bereich (z.B.
Sexualleben). In jedem Fall ist durch diese gravierende Erkrankung auch das persönliche
Umfeld der Patienten mitbetroffen.
Diskussion: Folgende rehabilitativen Ansätze stehen aus physikalisch-medizinischer Sicht zur
Verfügung: Heilgymnastik/Physiotherapie zum aktiven Muskelaufbau, zur Gangschulung
und Sturzprophylaxe (Steroidmyopathie und Steroidosteoporose durch die erforderliche
Corticoidgabe!), passiver Muskelaufbau durch Einsatz der neuromuskulären Elektrostimulation
(NMES). Bei Bedarf medikamentöse antidepressive, analgetische und Osteoporosetherapie.
Logopädie bei Patienten mit Sprach- und/oder Schluckstörungen. Inkontinenzbehandlung
und Hilfsmittelversorgung bei Harn und/oder Stuhlinkontinenz (weiters Versuche mit
Biofeedback oder Beckenbodentraining). Ergotherapeutische und neuropsychologische
Ansätze bei neuropsychologischen Defiziten, sowie bei Einschränkungen der Geschicklichkeit,
etc.. Psychologische Unterstützung und Führung von Patienten und Angehörigen. Die
genannten therapeutischen Optionen sollten in der (palliativen) Rehabilitation von
Patienten (aufgrund der meist raschen Progredienz der Erkrankung) möglichst früh eingesetzt
und den individuellen Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen angepasst werden.