Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2007; 17 - A13
DOI: 10.1055/s-2007-992665

Ergotherapie bei onkologischen Patienten

M Hefner 1, K Holzer 1
  • 1Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation/Ergotherapie, Medizinische Universität Wien

Onkologische Erkrankungen stellen in der Häufigkeit der Zuweisung zur Ergotherapie einen eher kleinen Prozentsatz dar. Im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien werden diese Patienten vor allem auf der Intensivstation und nach orthopädisch-chirurgischen Eingriffen ergotherapeutisch betreut.

Grund für die Zuweisung onkologischer Patienten ist die eingeschränkte Handlungsfähigkeit und Selbständigkeit im Alltag.

Die Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit kann durch die maligne Erkrankung, aber auch durch die Langzeitfolgen der Therapie mit Bestrahlung, Cytostatika und Operationen entstehen.

So vielfältig wie die Auswirkung der Krankheit auf den Patienten und seinen Alltag, so breitgefächert gestalten sich auch die ergotherapeutischen Interventionen. Am Beginn der Behandlung analysiert die Ergotherapeutin, welche Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden können und wodurch diese Defizite verursacht werden. Das Wiedererlangen der bestmöglichen Selbständigkeit des Patienten erfolgt durch gezielte ergotherapeutische Maßnahmen: ADL (activities of daily living)-, Funktions-, Wahrnehmungs- und Sensibilitätstraining sowie Kompensationsstrategien, Schienen- und Hilfsmittelversorgung und Adaptierung der Umwelt.

Wie verschieden dabei die ergotherapeutischen Ansätze und Maßnahmen je nach Situation und Verlauf sein können, zeigt sich einerseits an der Behandlung von onkologischen Patienten auf der Intensivstation und andererseits an der Nachbehandlung nach orthopädisch-chirurgischen Eingriffen:

Auf der Intensivstation werden onkologische Patienten meist dann zur Ergotherapie zugewiesen, wenn sie größere Operationen hinter sich haben und ihr Aufenthalt auf der Intensivstation schon länger dauert. Häufig befindet sich der Patient schon in physiotherapeutischer Behandlung. Die Ergotherapie wird dazuverordnet, wenn der Patient bereits Hospitalisierungssymptome zeigt und sein Antrieb gemindert ist oder wenn neurologische Ausfälle auftreten.

Eine häufige Nebenwirkung bei Cytostatikatherapie sind Sensibilitätsstörungen, welche die Kraftdosierung beim Greifen erschweren. Weiters können durch Raumforderungsprozesse oder perioperative Hypoxien sekundär auch neurologische Symptome ausgelöst werden.

Immer wieder wird bei onkologischen Patienten auf der Intensivstation die Ergotherapie auch verordnet, wenn keine Aussicht auf Genesung besteht, um die Lebensqualität so gut und so lange wie möglich zu erhalten. Für viele Menschen ist in dieser Situation wichtig, dass ihnen selbständiges Trinken, die Glocke drücken oder trotz Intubation Kommunizieren ermöglicht wird. Genau das versucht die Ergotherapeutin dann gemeinsam mit dem Patienten, den Ärzten, der Pflege und den Physiotherapeuten zu erarbeiten. Manchmal versucht man auch dem Patienten zu ermöglichen, dass er noch einmal nach Hause kommt. Die Ergotherapeutin bietet hier Unterstützung durch Hilfsmittelversorgung, Adaptierung der Wohnung und Beratung der Angehörigen.

Werden die Patienten nach orthopädisch-chirurgischen Eingriffen zur Ergotherapie zugewiesen, stehen als erste Maßnahmen häufig Schienenbehandlung und Funktionstraining im Vordergrund. Handelt es sich um gutartige Tumore (wie z.B. Enchondrome) im Handbereich, erfolgt nach der operativen Herdausräumung und Auffüllung eine mehrwöchige Immobilisierung des betroffenen Körperteils durch eine Schiene. Nach der erforderlichen Ruhigstellung wird mittels funktionellem Training die Greiffunktion der Hand wieder bestmöglich hergestellt.

Bei malignen Tumoren im Bereich der oberen Extremität besteht der chirurgische Eingriff in einer radikalen Resektion. Rekonstruktive Eingriffe am Knochen und an den Weichteilen erfordern eine sehr spezifische Schienenbehandlung kombiniert mit einem intensiven Funktionstraining. Bei verbleibenden Defiziten als auch nach Amputationen oder bei Patienten mit Befall der unteren Extremität soll durch ein ADL-Training, welches adäquate Kompensationsstrategien, Adaptierungen und Hilfsmittelversorgung umfasst, die Selbständigkeit des Patienten wiederhergestellt werden.