Dialyse aktuell 2007; 11(6): 3
DOI: 10.1055/s-2007-990770
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aus dem Bauch heraus ...

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Publikationsdatum:
17. September 2007 (online)

Die Dialysegeräte surren leise und Ihre Patienten vertreiben sich die Zeit mit Lesen, Dösen oder auch Fernsehen - Alltag im Dialysezentrum. Viele Alternativen, dieser lebensnotwendigen Behandlung zu entgehen, haben die Nierenkranken nicht: Auf eine passende Spenderniere müssen sie meist viele Jahre warten, und die möglichst tägliche Heimhämodialysebehandlung ist zwar sehr effektiv, allerdings vergleichsweise aufwendig (Bereitstellung der Geräte und einer guten Infrastruktur aus Ärzten, Pflegepersonal und Technikern, Dialysepartner usw.) und vergleichsweise teuer. Andererseits kann mithilfe der Heimhämodialyse eine kontinuierlichere, effektivere und physiologischere Dialysebehandlung gewährleistet werden.

Was aber ist mit der Peritonealdialyse? Auch wenn viele medizinische Gründe für die Dialyse über das Bauchfell sprechen, lassen sich die Nachteile auch dieses Verfahrens nicht ignorieren. So bleibt zum Beispiel zwar die Nierenrestfunktion unter der Peritonealdialyse länger erhalten, während nach einigen Monaten der maschinellen Hämodialyse die Nieren keine Restfunktion mehr aufweisen. Dazu kommt, dass beim Einsatz kontinuierlicher Verfahren die Flüssigkeitsansammlung im Körper zwischen den Dialysen oder extreme Blutdruckschwankungen eher nicht auftreten. Ein wichtiges Argument für viele Patienten kann die Unabhängigkeit vom Dialysegerät sein. Denn wann und wo er seine Dialyseflüssigkeit wechselt, ob zu Hause, in der Arbeit oder auch im Urlaub, bleibt ihm selbst überlassen - an ein Gerät ist er nicht gebunden.

Doch nur rund 30-40 % aller Dialysepatienten eignen sich überhaupt für die Peritonealdialyse. Darüber hinaus müssen die Patienten in der Regel nach einigen Jahren zur Hämodialyse wechseln, wenn sie nicht rechtzeitig eine Spenderniere erhalten. Kritiker verweisen zudem auf einen psychologischen Effekt: Denn der Patient hat unter der Peritonealdialyse keine „krankheitsfreie Zeit”, vielmehr erinnern ihn Katheter und Wechsel der Dialyseflüssigkeit stets an seine Erkrankung. Und auch die logistischen Anforderungen sind groß: Eine Monatslieferung an Kathetern und Flaschen füllt schnell eine ganze Europalette ...

Egal für welches Dialyseverfahren man sich jedoch entscheidet, immer müssen die Bedürfnisse und Wünsche des Patienten den Ausschlag geben. Kritiker bemängeln, dass gerade die Peritonealdialyse viel zu oft gar nicht im Behandlungsspektrum der Dialysezentren auftauche. Von 1218 Zentren bieten gerade einmal 428 auch die Peritonealdialyse an, berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 12. August. Nach einer ausführlichen Beratung würden sich jedoch etwa die Hälfte aller Dialysepatienten für die Peritonealdialysebehandlung entscheiden, wird Prof. Teut Risler, Tübingen, zitiert.

Auf die Frage, warum dennoch nicht einmal 5 % der derzeit rund 63500 Dialysepatienten in Deutschland mit diesem Verfahren behandelt werden, hat der Autor des Artikels eine Erklärung parat: Schon jetzt werde in den Zentren um jeden Dialysepatienten gekämpft und wenn zusätzlich Patienten von der Blut- zur Bauchfelldialyse wechseln würden, werde es noch enger, die Auslastung der Dialysegeräte schlechter. Ist dies tatsächlich der Grund oder liegt es vielmehr an der Tatsache, dass zu viele Nephrologen und Dialysefachkräfte schlicht zu schlecht über das Peritonealdialyseverfahren Bescheid wissen? Letzteres ist zumindest nach der Meinung von Prof. Jürgen Bommer, Heidelberg, und Dr. Nils Heyne, Tübingen, der Fall und demnach eine dringende Forderung zur Fort- und Weiterbildung - zum Beispiel in Fulda auf dem diesjährigen AfnP-Symposium Ende Oktober. Hier werden verschiedene Referenten im Hauptprogramm und im Rahmen eines ganztägigen Workshops über ihre Erfahrungen mit der Peritonealdialyse, aber auch der Heimhämodialyse berichten. Ich für meinen Teil werde dieses Angebot nutzen - und Sie?

Stephanie Schikora

Stuttgart

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