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DOI: 10.1055/s-2007-990466
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Verschwindende Opfer, entwertetes Begehren
Vergewaltigung, Homophobie und Männlichkeit in südafrikanischen Männergefängnissen[1]Publication History
Publication Date:
20 December 2007 (online)

Übersicht:
Die Autorin zeigt, wie sexuelle Gewalt und Homosexualität in den Diskursen über Sexualität in südafrikanischen Männergefängnissen beständig verschwimmen. Während in der Öffentlichkeit erhitzt diskutiert wird, ob Gefängnisinsassen überhaupt ein Recht auf konsensuellen Sex haben, werden die massive sexuelle Gewalt und die häufigen Vergewaltigungen von Männern im Gefängnis nicht thematisiert. Die Häftlingskultur verleugnet und legitimiert Vergewaltigungen. Männliche Vergewaltigungsopfer werden durch die erzwungene Penetration zu Gefängnis-Frauen, deren Aufgabe es ist, „richtige” Männer mit Sex zu versorgen. Die sexuelle Gewalt wird so in gängige Geschlechterverhältnisse und die vertraute Institution „Ehe” eingebettet - Täter wie Opfer verschwinden. Diese Reproduktion der hierarchischen Geschlechterordnung basiert auf der Diskriminierung und Tabuierung von Homosexualität. Die Autorin kritisiert, dass die Opfer von sexueller Gewalt im Gefängnis von der Öffentlichkeit nur als potenzielle spätere Täter wahrgenommen werden.
Schlüsselwörter:
Homophobie - Männlichkeit - Sexualität im Gefängnis - sexuelle Gewalt - Vergewaltigung von Männern
Literatur
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1 Aus dem Englischen von Jochen Hess, Hamburg.
2 Wir danken den Befragten, Kindiza Ngubeni und Amanda Dissel, die diese Arbeit ermöglichten sowie der Developement Corporate Ireland für die finanzielle Unterstützung. Robert Morrell und Bronwyn Harris möchte ich für ihr detailliertes Feedback danken und John und Joan Gear, Ebrahim Fakir und ungenannten Rezensenten für ihre hilfreichen Anmerkungen.
3 In Südafrika ist das Ausmaß an sexueller Gewalt und Gewalt gegenüber Frauen erschreckend hoch. 111 Vergewaltigungen pro 100 000 Personen werden jährlich polizeilich erfasst. Damit gehört Südafrika zu den Ländern mit den höchsten Raten sexueller Gewalt (verglichen mit allen Ländern, die diese Daten erfassen).
4 Die Jali-Untersuchungskommission wurde 2001 berufen, um Korruption, Verwaltungsmängel, Gewalt und Einschüchterung in der Strafvollzugsbehörde zu untersuchen. Die letzte Anhörung fand im September 2004 statt.
5 South African Broadcasting Corporation (SABC), März 2001.
6 Dies ist auch von Scarce (1997) beobachtet worden, ebenso wie die Verleugnung von männlichen Vergewaltigungsopfern und die Diskriminierung schwuler Sexualität.
7 Dies zeigte sich auf vielen unserer Treffen mit Angestellten des Strafvollzugsbehörde (Department of Correctional Services, DCS).
8 Weitere relevante Verfassungsrechte beinhalten das Recht auf menschenwürdige Haftbedingungen und körperliche Unversehrtheit (Fourie 2005).
9 Correctional Services Regulations, (B) 99 (f), Correctional Services Act 111 of 1998, Section 23 (1) (g).
10 Die Ansicht, dass männliche Vergewaltigungsopfer ihre Männlichkeit verloren haben und zu Frauen werden - oder alternativ aus Heterosexuellen Homosexuelle werden - ist nicht auf den Kontext von Gefängnissen beschränkt. Öffentliche Mythen, die „Mann-Sein” mit „Unverwundbarkeit” gleichsetzen, halten sich auch in anderen Gesellschaftsschichten hartnäckig.
11 Hiermit soll nicht gesagt sein, dass nicht auch viele heterosexuelle Ehen „draußen” Gewalt und Zwang verbergen.
12 Die Gewalt und die Nötigung, die mit den meisten dieser Beziehungen einhergeht, erzeugt eine willkommene Distanz zur „Homosexualität”, die durch Homophobie motiviert ist.
13 Diese Erkenntnis hat zu einer wichtigen Neufassung der Begrifflichkeiten beitragen, sodass nun von „Männern, die Sex mit Männern haben” gesprochen wird, ohne dass diese als „homosexuell” oder „schwul” identifiziert werden.
14 Siehe hierzu Steinbergs (2004) historische Tiefenanalyse zur Funktion von Gewalt (die darin liegt, Häftlinge als „nicht-Kind” und „nicht-Frau” zu etablieren) bei den Ritualen der südafrikanischen Numbers-Gangs.
15 Dies gilt auch für die Äußerungen von Befragten zu den möglichen gewalttätigen Auswirkungen von Vergewaltigung im Gefängnis.
16 Ein ähnliches Schicksal trifft eine weitere Gruppe meist männlicher Opfer: Zusammenschlüsse ehemaliger Kriegsteilnehmer erhalten meist nur dann Aufmerksamkeit, wenn sie als „Sicherheitsrisiko” betrachtet werden (Gear 2002).
S. Gear
Researcher Centre for the Study of Violence and Reconciliation
PO Box 3 07 78
2017 Braamfontein
South Africa
Email: sgear@csvr.org.za