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DOI: 10.1055/s-2007-990410
Der Einfluss von Schlafentzug und chronischer Insomnie auf die nächtliche Hormonsekretion
Im Rahmen gesellschaftlicher Änderungen in den vergangenen Jahrzehnten hat sich auch das Schlafverhalten deutlich verändert. Es besteht eine Tendenz in allen Altersklassen, immer weniger zu schlafen (ca. 1–1,5 Stunden weniger als empfohlen). Es ist daher von großem Interesse, die möglichen endokrinologischen Folgen dieser veränderten Lebensgewohnheiten, d.h. einer mäßigen Schlafverkürzung, zu untersuchen. Ca. 10% der erwachsenen Bevölkerung leiden darüber hinaus an chronischer Insomnie, die durch Ein- und Durchschlafstörungen mit beeinträchtigter Tagesbefindlichkeit gekennzeichnet ist. Objektiv besteht bei diesen Patienten häufig meist nur eine geringe Verkürzung der Schlafdauer. In mehreren eigenen Untersuchungen mit partiellem und vollständigem Schlafentzug in einer Nacht bei Jugendlichen und Erwachsenen fanden wir eine signifikante Erhöhung der Cortisolsekretion während der Nacht, sowie am darauf folgenden Tag. Darüber hinaus fanden wir eine Minderung der nächtlichen GH-Sekretion, die durch einen Rebound in der nachfolgenden Nacht kompensiert wurde. Nach Schlafentzug kam es auch zu einem signifikanten Anstieg von Zytokinen. Bei Patienten mit chronischer Insomnie fanden wir dagegen keine signifikanten Änderungen der nächtlichen Kortisol- und GH-Konzentrationen im Vergleich mit einem gematchten Kontrollkollektiv. Diese Untersuchungen sprechen dafür, dass sich die Befunde aus experimentellen Untersuchungen mit partiellem oder vollständigem Schlafentzug, bei denen signifikante Effekte auf die Ausschüttung verschiedener Hormone gefunden wurde, nicht ohne weiteres auf Störungsbilder wie chronische Insomnien übertragen lassen. Ähnliches gilt für den mäßigen Schlafentzug infolge der veränderten Lebensgewohnheiten der modernen Industriegesellschaft. Auch hier ist unklar, ob ein Schlafentzug von etwa 1–2 Stunden zu signifikanten endokrinen Effekten führt. Zukünftige Untersuchungen sollten die Frage beantworten, welche Schwellenwerte für Schlafmangel unterschritten werden müssen, um signifikante Veränderungen der Hormonsekretion zu bewirken.