Z Orthop Unfall 2007; 145(6): 705
DOI: 10.1055/s-2007-989401
Editorial

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Kreuzbandrekonstruktion

Cruciate Ligament Reconstruction
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Publication Date:
10 December 2007 (online)

Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes stellt nach wie vor eine gravierende Verletzung des Kniegelenks dar. Unter biomechanischen Gesichtspunkten führt die Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes zu einer Störung des physiologischen Roll-Gleit-Mechanismus des Kniegelenkes, der Rotationspunkt wird aus dem medialen Kompartiment weiter nach lateral verlagert. Die hierdurch auftretenden Scherkräfte sowie eine veränderte Krafteinwirkung auf die Meniskushinterhörner führen zu einer beschleunigten Degeneration der Kniebinnenstrukturen, sodass bei aktiven Patienten eine operative Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes erfolgen sollte. In Deutschland ist jährlich mit ca. 25 000 VKB-Operationen zu rechnen.

D. Albrecht

In Heft 6 der Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie werden besondere Aspekte der Kreuzbandchirurgie beleuchtet: die geeignete Transplantatwahl im Wachstums- und Erwachsenenalter sowie die Kreuzbandrevisionschirurgie, insbesondere unter dem Aspekt des Timings.

Distorsionstraumen des Kniegelenkes führen auch im Kindes- und Jugendalter nicht selten zur Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Bei Kindern wie auch bei Erwachsenen resultiert nach konservativer Therapie eine chronische Instabilität mit Folgeschäden, sodass eine operative Rekonstruktion auch bei offenen Wachstumsfugen indiziert ist. Ansatznahe Rupturen oder Ausrisse sind bei Kindern einer Refixation zugänglich, nach dem 12. Lebensjahr jedoch sollten eine Augmentation oder eine plastische Versorgung erfolgen, da Rerupturen nach Nahtversorgung häufig zu beobachten sind. Bei offenen Epiphysenfugen wird als Transplantat die Semitendinosussehne empfohlen. Nach Studienlage ist auch bei offenen Wachstumsfugen, trotz transepiphysärer Bohrung, bei Verwendung eines reinen Sehnentransplantats nicht mit Wachstumsstörungen zu rechnen. Die in diesem Heft vorliegende Studie zeigt eine mögliche Alternative mit Periost-Patellasehnen-Periost-Transplantat im Wachstumsalter auf.

Als Transplantat bei der vorderen Kreuzbandersatzplastik im Erwachsenenalter finden im Wesentlichen das mittlere Drittel der Patellarsehne als Bone-tendon-bone-Transplantat sowie die Semitendinosussehne (Grazilissehne) Verwendung. Aktuelle vergleichende Studien können im Outcome bei Verwendung der verschiedenen Transplantate bislang keinen entscheidenden Unterschied nachweisen. Tendenziell zeigt sich jedoch eine erhöhte Spendermorbidität bei Verwendung der Patellarsehne. Gegenstand aktueller Untersuchungen und Diskussionen ist nach wie vor die Positionierung der Bohrkanäle bezüglich der unterschiedlichen biomechanischen Bedeutung des postero-lateralen und des antero-medialen Bündels. Das postero-laterale Bündel besitzt seine größte stabilisierende Funktion bei einer Kniegelenksstellung zwischen 0 und 40 Grad Beugung. Das antero-mediale Bündel hingegen wirkt eher isometrisch. Diese biomechanischen Grundlagen führten dazu, Techniken zu entwickeln, mit denen eine separate Rekonstruktion des antero-medialen und postero-lateralen Bündels als sog. Doppelbündeltechniken möglich sind. Die Frage der Einzelbündel- oder Doppelbündelrekonstruktion kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Wesentlich für beide Techniken ist die korrekte Platzierung der Bohrkanäle.

Mit der Zunahme der VKB-Ersatzoperation steigt auch die Zahl der Revisionsoperationen bei fehlgeschlagener Kreuzbandrekonstruktion stetig. In Abhängigkeit von Operationsverfahren und Transplantatwahl werden Werte von 8 - 25 % angegeben. Die häufigsten Gründe für eine fehlgeschlagene primäre VKB-Rekonstruktion sind operationstechnische Faktoren. Eine genaue radiologische und klinische präoperative Planung ist notwendig, um ein optimales postoperatives Ergebnis zu erzielen. Als Transplantat zur Revision stehen das mittlere Drittel des Ligamentum patellae als Bone-tendon-bone-Transplantat sowie ein Anteil der Quadrizepssehne zur Verfügung. Ein häufiges Problem stellt die oft erhebliche Tunnelaufweitung der Bohrkanäle dar. Um in solchen Fällen eine stabile Fixierung zu erlangen und eine sichere Transplantateinheilung zu gewährleisten wird die Verwendung eines Transplantats mit großem anhaftenden Knochenblock empfohlen. Eine zusätzliche Auffüllung des aufgeweiteten Kanals mit Knochenmaterial kann notwendig sein. Entscheidungkriterien für das ein- oder zweizeitige Vorgehen bei der Revision werden in dem in diesem Heft publizierten Artikel aufgezeigt.

D. Albrecht, Tübingen

Dr. med. Dirk Albrecht

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen

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