Pneumologie 2007; 61 - A29
DOI: 10.1055/s-2007-988793

Kasuistik: Ein 40-jähriger Steinmetz mit einer akzelerierten Silikose nach Exposition zu einem Nanopartikel-enthaltendem Oberflächenimprägnierspray – Koinzidenz oder immunologische Triggerung?

M Weber 1, R Bonnet 1, A Schmidt 2, J Sänger 2, J Leonhardi 3
  • 1Klinik für Pneumologie, Zentralklinik Bad Berka
  • 2Labor für Pathologie, Bad Berka
  • 3Institut für bildgebende Diagnostik, Zentralklinik Bad Berka

Einleitung: Die Silikose der Lunge kann in drei unterschiedlichen Formen auftreten. Die häufigste Form ist die chronische Silikose, welche sich durch Auftreten nodulärer Läsionen betont in den Lungenoberfeldern auszeichnet und über Jahrzehnte einen langsamen progredienten Verlauf nimmt. Davon abgegrenzt werden die akute Silikose und die akzelerierte Silikose. Beide Formen treten nur in Berufen mit massiver Quarzstaubexposition auf (z.B. Sandstrahlarbeiten) und führen innerhalb von Monaten bzw. wenigen Jahren zu einem schweren Krankheitsbild und zum Tode. Der vorliegende Fall handelt vom Auftreten einer akzelerierten Silikose bei einem Steinmetz ohne wissentliche massive Silikatstaubexposition.

Kasuistik: Ein 40-jähriger Steinmetz stellte sich mit über einige Wochen zunehmender Luftnot, rechtsseitigen Pleuraschmerzen, Inappetenz, Arthralgien und intermittierend auftretendem Fieber bis 39°C vor. Eine ausgeprägte Exposition zu Quarzstäuben wurde verneint (gewöhnlich Tragen einer Atemschutzmaske). Er berichtete über die erstmalige Anwendung eines neuen Imprägniersprays für Steinoberflächen (Anti Fleck Nano-Effect®) vor 6 Monaten. Nach kurzer Aerosol-Exposition entwickelte sich Kurzatmigkeit und Husten und die Arbeit musste unterbrochen werden. Die Beschwerden sistierten nach einer ½ Stunde. Danach Wohlbefinden über 5 Monate bis zur Entwicklung von Dyspnoe. Im Röntgen Thorax fanden sich neu zu 2002 (damals unauffälliger Befund) kleinnoduläre Verschattungen beider Lungen und eine Pleuraverdickung. Die chirurgische Lungenbiopsieentnahme ergab die Diagnose einer Silikose. Eine Tuberkulose wurde ausgeschlossen.

Diskussion: Es wäre möglich, dass, wie in Tierversuchen gezeigt, die Inhalation des Nanoprodukt-enthaltenden Aerosols eine gesteigerte Immunreaktion auslöste und damit trotz fehlender massiver Silikatexposition zu der akzelerierten Form der Pneumokoniose führte.