Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2007; 17 - A8
DOI: 10.1055/s-2007-988717

Resultate eines Konzeptes der Geriatrischen Komplexbehandlung

C Brümmel 1, B Loosberg 1
  • 1Institut für Physiotherapie, Universitätsklinikum, Jena

Frage: Im Alterungsprozess findet ein Rückgang der physiologischen Parameter und der Leistungsfähigkeit statt, die zur Einschränkung der Selbständigkeit führen. Daher ist das wesentliche Behandlungsziel bei geriatrischen Patienten die Erhaltung der Selbstständigkeit und der Unabhängigkeit. Deshalb muss der kurative Behandlungsansatz um rehabilitative Aspekte ergänzt werden. Unter Nutzung effektiver und ökonomischer Systeme erfolgt eine komplexe und zeitlich ausgedehnte Behandlung mit dem Ziel der Wiederherstellung der Alltagsfunktionalität und Integration in die Alltagsumgebung. Diese Studie überprüft die Praktikabilität und die Wirksamkeit eines Konzeptes der geriatrischen Komplexbehandlung. Dabei wurden die Mobilität, die Kognition, die Selbständigkeit und die allgemeine Gesundheit der Patienten mittels standardisierter Assessments erfasst und die Ergebnisse dargestellt.

Methode: In den Jahren 2005 und 2006 haben 463 Patienten (303 Frauen, 127Männer) an einer geriatrischen Komplexbehandlung begleitend zur akutstationären Behandlung teilgenommen. Davon wurden 33 Patienten aufgrund eines abgeschwächten Allgemeinzustandes, eines ungenügenden Rehabilitationspotenziales oder wegen hervorragender Assessmentleistungen ausgeschlossen. Von der Studienpopulation mit 430 Patienten wurden 196 Patienten in die neurologische und 234 Patienten in die Klinik für Innere Medizin aufgenommen. Einschlusskriterien waren ein Lebensalter über 60 Jahre, ein Barthel-Index über 30 Punkte sowie eine akute pulmologische, kardiologische, muskuloskelettale, gastrointestinale oder Stoffwechselerkrankung. Die Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit und des Rehabilitationspotenzials erfolgte mit entsprechend validierten Assessmentverfahren: Barthel-Index (BI), Functional Independence Measurement (FIM), Mini-Mental-State-Examination (MMSE), Geriatrische Depressions-Skala (GDS), Allgemeiner Gesundheitszustand (SF8) und Tinetti-Test bewertet. Diese wurden zu Beginn und zum Abschluss der geriatrischen Komplexbehandlung erfasst.

Ergebnis: Die Geriatrische Komplexbehandlung dauerte bei 402 Patienten im Mittel 15 Tage. In dieser Zeit verbesserte sich der BI bei 373 Patienten von 43,62 auf 61,84 Punkte. Der FIM bei 325 Patienten erreicht eine Steigerung von 62,54 auf 72,75 Punkte (kognitiv von 20,7 auf 21,4; motorisch von 43,8 auf 53,2) und der Tinetti bei 338 Patienten von 9,0 auf 12,3 Punkte (Gehtest von 4,4 auf 6,0; Balancetest 4,5 auf 6,3). Eine geringe Steigerung wurde in der MMSE bei 208 Patienten von 22,5 auf 24,2 Punkten erzielt und im GDS bei 181 Patienten eine Abfall von 4,8 auf 4,0 Punkten. Der SF8 zeigte bei 334 Patienten innerhalb der körperlichen Funktionsfähigkeit (PF), körperlichen Rollenfunktion (RF), allgemeinen Gesundheitswahrnehmung (GH) und Vitalität (VT) eine deutlichere Verbesserung als die restlichen Items.

Diskussion: Während der geriatrischen Komplexbehandlung konnte vor allem in den Assessments zur Messung motorischer Fertigkeiten eine Verbesserung erzielt werden (FIM, Tinetti, BI und z.T. SF8). Auch die kognitiven Fähigkeiten, gemessen mit der MMSE, sowie die Stimmungslage (GDS) nahmen zu. Hieraus kann auf eine gesteigerte Mobilität, ein vermindertes Sturzrisiko und mehr Selbständigkeit im Alltag geschlossen werden. Es ergibt sich eine gesteigerte Lebensqualität des geriatrischen Menschen.