Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 68 - P40
DOI: 10.1055/s-2007-988679

Hemihämatokolpos, Falldarstellung und Literaturüberblick

B Jahns 1, B Hinney 1, G Emons 1
  • 1Göttingen

Einleitung:

Eine seltene Fehlbildung ist der Hemihämatokolpos. Es handelt sich um eine verschlossene Hemivagina bei Uterus didelphys, häufig assoziiert mit einer ipsilateralen Nierenagenesie. Die Patientinnen mit obstructed hemivagina and ipsilateral renal anomaly (OHVIRA)-Syndrom haben vom Beginn der Regelblutung an ausgeprägte Dysmenorrhoe, angesichts der Seltenheit des Krankheitsbildes wird die Diagnose häufig sehr spät gestellt. In der Literatur wird die Fehlbildung zweimal häufiger auf der rechten als auf der linken Seite beschrieben.

Fallbericht:

Die 14-jährige Patientin stellte sich mit seit der Menarche bestehenden Hyper- und Dysmenorrhoe vor. Es bestand eine Nierenaplasie links und Z.n. Appendektomie. Die gynäkologische Untersuchung ergab eine prall-elastische Vorwölbung der linken Vaginalwand. Sonographisch wurde eine zystische Raumforderung links der Vagina bei Uterus bicornis diagnostiziert, es bestand der V.a. Hemihämatokolpos. Daraufhin erfolgte eine Laparoskopie. Intraoperativ fand sich ein Uterus bicornis und unicollis. Die Vaginalwand über dem zystischen Tumor wurde gespalten, es entleerte sich gelbliche Flüssigkeit. Beim Austasten der Zystenhöhle ließ sich keine Portio tasten. Postoperativ kam es zur deutlichen Besserung der prämenstruellen Beschwerden. Zur weiteren Klärung des Befundes erfolgte ein MRT des Beckens. Dabei wurde ein Uterus duplex beschrieben. Das kleinere, linksseitige Cavum mündete am linken Scheidenende, eine eindeutige Portio konnte nicht unterschieden werden.

Diskussion: Das OHVIRA-Syndrom wurde zum ersten Mal 1922 beschrieben. In den nachfolgenden 60 Jahren wurden 115 Fälle publiziert. Aber in den folgenden 20 Jahren wurden über insgesamt 170 Fälle berichtet, was auf eine Optimierung der Diagnostik und auf eine höhere Vertrautheit mit dieser Störung schließen lässt. Die genaue Inzidenz bleibt unbekannt. Um die richtigen Diagnose eines OHVIRA- Syndroms stellen zu können, reichen die technischen Mittel wie Sonographie, MRT und Laparoskopie nicht aus. Eine ausführliche Anamnese und eine gezielte gynäkologische Untersuchung, sowie das Kennen des Symptomkomplexes sind Voraussetzungen zum erfolgreichen Einsetzen der apparativen Mittel zur Diagnosesicherung.

Zusammenfassung:

Eine mit der Menstruation auftretende schwere Dysmenorrhoe sollte auch an das seltene Krankheitsbild des Hemihämatokolpos denken lassen.

Literatur: Nicole A. Smith, M.D., M.P.H., and Marc R. Laufer, M.D. (2007): Obstructed hemivagina and ipsilateral renal anomaly (OHVIRA) syndrome: management and follow-up. Fertil Steril, 87, 918–22

Paolo Vercellini, M.D., Raffaella Daguati, M.D., Ph.D., Edgardo Somigliana, M.D., Ph.D., Paola Vigano, Ph.D., Annamaria Lanzani, M.D., and Luigi Fedele, M.D. (2007): Asymmetric lateral distribution of obstructed hemivagina and renal agenesis in women with uterus didelphys: institutional case series and a systematic literature review. Fertil Steril, 87, 719–24