Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 68 - P23
DOI: 10.1055/s-2007-988662

Fetale Citrullinämie – pränatales, peripartales und postpartales Vorgehen anhand eines Case reports

K Oehler 1, I Tzialidou 1, HH Günter 1, P Soergel 1, P Hillemanns 1
  • 1Hannover

Einleitung:

Die Citrullinämie gehört zu den Harnstoffzyklusdefekten, deren kumulative Häufigkeit 1: 8500 beträgt. Autosomal rezessiv vererbte Störungen der Stickstoffentgiftung treten mit einer Häufigkeit von 1:60000 auf. Die Citrullinämie Typ I (Argininosuccinat-Synthethase-Mangel) wird autosomal rezessiv vererbt. Eine pränatale Diagnostik und der Beginn einer Therapie sub partu war an der MHH bisher noch nicht erfolgt.

Fallbeispiel:

Wir berichten über eine 30-jährige Patientin, die sich erstmals in der 24. SSW in unserer Risikosprechstunde vorstellte. Anamnestisch waren drei Aborte vorausgegangen, eine unkomplizierte Spontangeburt eines gesunden Kindes von nun 9 Jahren sowie eine Spontangeburt 1999. Das letzgeborene Kind wies unmittelbar nach der Geburt Krankheitszeichen auf. Eine pädiatrische Abklärung erfolgte und erbrachte den Befund einer Citrullinämie Typ I. Bei der genetischen Untersuchung beider Elternteile fiel eine heterozygote Mutation des Gens der Argininosuccinat-Synthetase auf, welche autosomal rezessiv (homozygot) vererbt worden war. Bei nun erneut eingetretener Schwangerschaft erfolgte eine frühzeitige Chromosomenanalyse, welche ebenfalls die Diagnose einer Citrullinämie erbrachte. Der Verlauf der Schwangerschaft gestaltete sich komplikationslos. Regelmäßige Vorstellungen der Patientin in der Stoffwechselambulanz des Zentrums für Kinderheilkunde und der Abteilung für Geburtshilfe erfolgten. Zu Beginn der 40. SSW wurde die Patientin stationär aufgenommen, eine Einleitung der Geburt erfolgte. Aus II. vHHL konnte in der 39+0 SSW komplikationslos ein Mädchen entbunden werden, welches 3000g schwer war, eine Länge von 52cm und einen Kopfumfang von 34,5cm aufwies. Zur Verhinderung fetaler Katabolie und zur Aktivierung alternativer Entgiftungswege des Kindes für Ammoniak wurde die Mutter nach einem vorbereiteten Therapieschema behandelt. Dieses Therapieschema beinhaltete die Gabe von Natriumbenzoat bereits zwei Stunden vor der Geburt beginnend sowie die Erstversorgung des Kindes durch die Pädiater zur Aufrechterhaltung der Natriumbenzoatinfusion nach der Geburt. Das Kind wurde in die Kinderklinik verlegt. Der postpartale Verlauf der Patientin war komplikationslos, die Entlassung erfolgte drei Tage später bei Wohlbefinden.

Ergebnis:

Die Entwicklung der Tochter ist weiterhin altersentsprechend, metabolische Entgleisungen sind bisher nicht aufgetreten, der Ammoniakwert sowie die Glutaminkonzentration im Blut sind im Normbereich. Das Kind erhält Eiweiss, Phenylbutyrat zur Ammoniakentgiftung sowie Arginin. Die Benzoatspiegel im NS-Blut sowie im kindlichen Blut postpartal lagen im therapeutischen Bereich, so dass die Benzoatinfusion bei der Mutter therapeutisch beim Kind wirksam war.

Schlussfolgerung:

Durch das Vorliegen einer entsprechenden pränatalen Diagnostik lies sich in diesem Fall ein interdisziplinäres Therapieschema erstellen und umsetzen, welches es gestattete, dem Kind ideale “Startbedingungen“ ins Leben zu ermöglichen.