Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 68 - P7
DOI: 10.1055/s-2007-988646

Ist das Alter der Schwangeren ein geburtshilfliches Risiko? – Ergebnisse aus niedersächsischen Perinataldaten

C Schwarz 1
  • 1Magdeburg

Ist eine Schwangere über 35 Jahre alt, gilt dies als Risikofaktor nach Katalog A (Anamnese und allgemeine Befunde) der gültigen Mutterschaftsrichtlinien. Im internationalen Vergleich fällt die BRD mit relativ hohen Interventionsraten auf und immer weniger Geburten finden ohne invasive Interventionen statt. Als Grund wird häufig das steigende Alter der Schwangeren genannt und das damit verbundene erhöhten Risiko. Entsprechend wird der Trend, dass immer mehr Frauen später in ihrem Leben schwanger werden und Kinder bekommen, häufig als Begründung für die weiterhin kontinuierlich steigenden geburtshilflichen Interventionsraten vorgebracht.

In der internationalen Literatur sind allerdings keine Hinweise zu finden, die belegen, dass eine Geburt für eine gesunde Frau aufgrund ihres erhöhten Alters mit einem erhöhten Risiko verbunden sei.

Die niedersächsischen Perinataldaten wurden mithilfe bi- und mulitivariater Analysen daraufhin untersucht, inwieweit das Alter als prädiktiver Faktor für die Raten der vier wesentlichen Interventionen Geburtseinleitung, vaginal-operative Entbindung sowie primäre und sekundäre Sectio gelten kann.

Ergebnisse:

Im Vergleich zur Referenzgruppe 25–29 Jahre zeigen die beiden Altersgruppen ab 35 Jahre (35–39 Jahre und 40+) weder ein erhöhtes Risiko für eine Geburtseinleitung, noch für eine vaginal-operative Entbindung, noch für eine sekundäre Sectio. Allerdings war das Risiko für eine primäre Sectio für die Schwangeren mit höherem Alter deutlich erhöht (RR 1,4 bzw. 1,8). Eine ganze Reihe anderer Faktoren zeigen als prädiktive Faktoren einen wesentlich stärkeren Einfluss als das Alter (z.B. BEL, Z.n. Sectio, Parität, mütterliche Erkrankung, Gestose und Plazenta praevia).

Aufgrund dieser Analysen kann ein höheres Alter nicht als Grund für häufigere Interventionen betrachtet werden. Andere Einflusskriterien liefern wesentlich stärkere Erklärungswerte, beispielweise unreifer Muttermundsbefund bei Aufnahme, Erstpara, Z.n. Sectio, regelwidrige Einstellung/Lage, mütterliche Erkrankung/Gestose, pathologisches CTG (je nach Intervention). Vor allem durch vorangegangene Interventionen (insbesondere Geburtseinleitung, Wehenverstärkung mit Oxytozin und PDA) wird die Wahrscheinlichkeit für eine vaginal-operative Entbindung und teilweise auch für eine sekundäre Sectio wesentlich erhöht. Dies ist als weiterer Hinweis auf die Existenz einer Interventionskaskade zu bewerten.