Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 68 - P4
DOI: 10.1055/s-2007-988643

Fallbericht: Management und Verlauf eines früh entgleisten chronischen arteriellen Hypertonus in Graviditate

O Hesse 1, O Schmidt 1, G Emons 1
  • 1Göttingen

Eine 37-jährige I. Gravida stellte sich hier in der 17. SSW mit erhöhten Blutdruckwerten um 180/110mmHg vor. Erstmalig war ambulant in der 13. SSW ein Hypertonus aufgefallen, der bis zur Vorstellung mit Nepresol p.o. behandelt worden war. Die Patientin, seit der Schwangerschaft Nichtraucherin (zuvor ca. 15 Zig./d), war bis auf leichte intermittierende Kopfschmerzen beschwerdefrei und hatte zu Beginn der Schwangerschaft einen Body-mass Index von 22,7. Bei Erstvorstellung und im Verlauf zeigte sich intermittierend höchstens einfach Protein im Urin. Die Langzeit-Blutdruckmessung zeigte Werte von bis zu 200/120mmHg (min. 150/90mmHg) mit aufgehobenem Tag-Nacht-Rhythmus. Die Laboruntersuchungen waren inklusive der Schilddrüsenparameter insgesamt unauffällig. Das Herzecho ergab bis auf eine leichte konzentrische LV-Wandhypertrophie und MI/TI I. Grades einen unauffälligen Befund. Daraufhin Umstellung der begonnenen Medikation mit Nepresol p.o. auf Presinol 4×500mg, ASS 100 und Clexane 20, bei Blutdruckspitzen zusätzlich Adalat sublingual. Bei persistierend erhöhten Blutdruckwerten im Verlauf wurde die Medikation um Belok zok mite 2x tgl. sowie Nepresol p.o. und teils Magnesium i.v. erweitert.

Die fetalen Ultraschall- und Doppleruntersuchungen waren bei Aufnahme bis auf einen beidseits bestehenden Notch der A. uterina unauffällig. Aufgrund der zunehmenden fetalen Kreislaufzentralisation und fetalen Retardierung wurde in der 24. SSW eine Infusionstherapie mit HAES als Plasmaexpander begonnen und die Lungenreifung mit 2×12mg Celestan 24+0 SSW durchgeführt. Die CTG-Kontrollen zeigten überwiegend gute Oszillation mit regelmäßigen Kindsbewegungen.

In der 25+0 SSW musste bei Reverse Flow im Ductus venosus und in der A. umbilicalis, fehlendem fetalen Weiterwachstum und pathologischem biophysikalischen Profil die primäre Sectio caesarea erfolgen. Das Kind wog bei Entbindung 300g, pH 7,27, Apgar 6–8-8 und wurde lebend in die Kinderklinik verlegt. Bisher entwickelte sich das Kind dort insgesamt ohne größere Komplikationen. Die Patientin selbst ist ca. 2 Monate nach der Entbindung weiterhin auf Presinol in abnehmenden Dosierungen eingestellt, darunter normotone Blutdruckwerte.