Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P818
DOI: 10.1055/s-2007-988087

Wieviel rt-PA „verträgt“ ein Schlaganfall? Fallbericht einer hochdosierten i.v.- und i.a.-Thrombolyse bei Basilaristhrombose

M Nückel 1, B Kaminski 1, T Bareiter 1, K Hauck 1, F Erbguth 1
  • 1Nürnberg

Einleitung: Die rtPA-Dosis der kombinierten i.v./i.a.-Lyse nach dem Bridging-Konzept orientiert sich an der Dosis der systemischen Thrombolyse von 0,9mg/kg. Über höhere Dosierungen liegen nur begrenzte Erfahrungen vor.

Fallbericht: Wir berichten über einen 68-jährigen, wegen einer Kunstklappe oral antikoagulierten Patienten, bei dem Marcumar wegen eines geplanten operativen Eingriffs 3 Tage zuvor pausiert und durch 40mg Enoxaparin s.c. ersetzt worden war. Er entwickelte zu Hause plötzlich Doppelbilder, Drehschwindel, Sprechstörung und eine rechtsseitige Lähmung. Bei Aufnahme 45 Minuten später bestanden Somnolenz, Anarthrie und Hemiplegie rechts (NIHSS 18). Das CCT war normal, im Labor betrug der INR 1,62, das EKG dokumentierte eine bislang unbekannte absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Wir führten eine systemische Thrombolyse mit 67mg rtPA im Zeitfenster von 1:40 Stunden durch, woraufhin sich die Ausfälle zunächst sehr gut besserten. Eine Stunde nach Beendigung der Lyse kam es erneut zu einer progredienten Bewußtseinsstörung (Sopor), schweren Tetraparese, Anarthrie sowie Dysphagie mit Aspiration (NIHSS 26), so dass er intubiert und beatmet werden musste. Das Kontroll-CT war unverändert normal, die CT-Angiographie zeigte einen Basilarisverschluss. In der DSA waren die distalen zwei Drittel der A. basilaris thrombosiert (Abb. li.), daraufhin schlossen wir noch einen lokalen Lyseversuch an. Die ersten 40mg rtPA über 40 Minuten i.a. zeigten keinen nennenswerten Erfolg, so dass fraktioniert noch 2×20mg nachgegeben wurden, bis die Basilaris schließlich komplett rekanalisiert war (Abb. re.). Die kumulative Dosis betrug somit 147mg rtPA über einen Zeitraum von 7 Stunden.

Die CT-Kontrolle 6 Stunden später war wiederum unauffällig, eine klinische Beurteilung war aufgrund einer sich entwickelnden Aspirationspneumonie mit notwendiger Beatmung und Analgosedierung zunächst nicht möglich. Folge-CT an Tag 2 und Tag 4 zeigten lediglich eine flaue Hypodensität links paramedian im Pons. Die Sedierung wird seit Tag 5 zurückgefahren, klinischer Verlauf und MRT stehen noch aus.

Diskussion: Der geschilderte Ablauf deutet eine primär erfolgreiche systemische Lyse der Basilaristhrombose an, leider wohl mit sekundärer Reokklusion des Gefäßes. Deshalb sahen wir uns gezwungen, in Anbetracht der infausten Prognose eine -zweifellos sehr riskante- lokale Lyse anzuschließen, durch die eine komplette Rekanalisation ohne akute Blutungskomplikation erreicht werden konnte.