Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P809
DOI: 10.1055/s-2007-988078

Die dynamische Retina-Gefäßanalyse als funktioneller Parameter für die zerebrale Mikrozirkulation in Patienten mit Morbus Fabry und gesunden Probanden

H Hanso 1, F Ziemssen 1, W Vilser 1, H Reichmann 1, T Ziemssen 1
  • 1Dresden, Tübingen, Jena

Einleitung: Die Darstellung der zerebralen Mikrozirkulation bedarf bislang einer hochspezialisierten und teuren Technik, meistens ist zudem nur eine statische Gefäßanalyse möglich. Weil retinale und zerebrale Mikrogefäße vielfältige morphologische und physiologische Gemeinsamkeiten besitzen, stellt die dynamische Retinagefäßanalyse eine innovative Technik mit der Möglichkeit einer funktionellen Darstellung der Retina-Gefäße dar: Spezielle mikrovaskuläre Pathologien, wie man sie z.B. bei Patienten mit M. Fabry annimmt, können dargestellt werden. Allerdings bleibt gegenwärtig der Zusammenhang zwischen der Dynamik der Retinagefäße und systemischen kardiovaskulären Regulationsmechanismen noch weitgehend unbekannt.

Methodik: Bei gesunden Probanden und bei Pat. mit M. Fabry unter Enzymersatztherapie wurden parallel kontinuierlich der Durchmesser retinaler Arterien und Venen (RVA, IMEDOS, Jena) sowie Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz aufgezeichnet. Während der Aufzeichung wurden verschiedene Provokationstests durchgeführt: neurovaskuläre Kopplung mit Stimulation des Fundus durch Flickerlicht (1), isometrische Belastung durch Handgrip (2), Metronomische Atmung (3), Eiswasser-Test (4), sowie Hyperventilation (5).

Ergebnisse: Alle gesunden Probanden zeigten auf Flickerlicht eine Dilatation der Retina-Arterien von durchschnitlich 5,3%. Bei Pat. mit M. Fabry wurde eine unerwartet starke Dilatation der Arterien von durchschnittlich 9,8% gemessen. Physiologische Blutdruckschwankungen während metronomischer Atmung führten zu synchronen Oszillationen der Nethautgefäße bei gesunden Probanden, jedoch nicht bei Pat. mit M. Fabry. Bei fast allen gesunden Probanden führte eine Blutdruckerhöhung während Handgrip und Eiswasser-Test zu einer Konstriktion der Retina-Arterien um durchschnittlich 4,2% bzw. 5,8%, welche nicht bei Fabry-Patienten beobachtet werden konnte.

Diskussion: Die Aufzeichnung der Dynamik retinaler Blutgefäße parallel mit systemischen hämodynamischen Parametern ergibt eine einfache und exzellente Möglichkeit zur funktionellen Evaluation der zerebralen Mikrozirkulation. Phänomene wie neurovaskuläre Kopplung, Bayliss-Effekt und Autoregulation können dargestellt und pathophysiologische Prozesse bei Erkrankungen wie z.B. M. Fabry neu beurteilt werden. Zusammenfassend zeigen Fabry-Pat. unter Enzymersatztherapie keine eigentliche endotheliale Dysfunktion, jedoch eine pathologisch verminderte Elastizität der retinalen (und zerebrovaskulären) Mikro-Gefäßwände.