Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P806
DOI: 10.1055/s-2007-988075

Asymptomatische Lungenembolie als Marker der „embolischen Aktivität“

C Tanislav 1, J Allendörfer 1, M Grebe 1, M Puille 1, M Kaps 1
  • 1Gießen

Einleitung: Erst in den letzten Jahren wurde gezeigt, dass ein offenes Foramen ovale (PFO) nicht allein, sondern in Verbindung mit einem Vorhofseptumaneurysma (ASA) ein erhöhtes Hirninfarktrezidivrisiko darstellt. Vor wenigen Jahren beobachteten wir vereinzelte Fälle von Patienten mit akutem Hirninfarkt bei PFO, die ohne nachweisbare tiefe Beinvenenthrombosen (DVT) Lungenembolien (LE) erlitten. Ausgehend von diesen Beobachtungen fahndeten wir gezielt nach dem Vorliegen von LE bei Patienten, die sich mit akutem Hirninfarkt bei PFO vorstellten. Dies hat unmittelbare Relevanz für die Auswahl der Sekundärprävention des einzelnen Patienten, da im Falle des Vorliegens einer LE eine zumindest befristete orale Antikoagulation (OAK) indiziert ist.

Patienten und Methoden: Eingeschlossen wurden Patienten mit Hirninfarkt oder TIA, bei denen ein PFO mittels TEE nachgewiesen wurde. Es durften keine Kontraindikationen für eine OAK bestehen. Zum Nachweis von Beinvenenthrombosen erfolgte eine farbkodierte Duplexsonographie. Zum Nachweis von LE wurde eine Ventilations-/Perfusionsszintigraphie (VPS) durchgeführt. Die Befundung erfolgte durch 2 Nuklearmediziner.

Ergebnisse: Wir untersuchten 86 konsekutive Patienten. In 28 (32%) der Patienten fanden wir eine LE in der VPS. Bei 35 Patienten (40%) diagnostizierten wir neben dem PFO einen ASA. Patienten mit dieser Kombination erlitten häufiger eine LE als Patienten mit einem alleinigen PFO (p=0,001). In unserem Kollektiv erlitten Patienten mit einer DVT nicht häufiger LE als solche ohne DVT. Bei Patienten mit starkem KM-Übertritt traten nicht häufiger LE auf, als bei solchen mit geringem KM-Übertritt.

Diskussion: Für eine LE wurde selten ursächlich eine DVT gefunden. Basierend auf der Assoziation von LE und ASA könnte jedoch auch die Hypothese aufgestellt werden, dass Thromben unmittelbar am Vorhofseptum entstehen. Ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall beim Vorliegen eines ASA alleine oder in Kombination mit einem PFO wird in der Literatur bereits beschrieben. In allen Arbeiten wird nicht auf das Vorkommen von LE eingegangen.

Möglicherweise besteht neben dem etablierten Modell der paradoxen Embolie, ein weiterer Mechanismus mit einer erhöhten Thrombogenität des ASA. Gleich welcher Mechanismus führend ist, könnte doch die asymptomatische LE ein Maß für die „embolische Aktivität“ und somit für das Rezidivrisiko des Patienten stehen. Die therapeutische Konsequenz einer OAK beim Vorliegen einer LE ist sicher unbestritten.