Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P760
DOI: 10.1055/s-2007-988029

Die Methionin-Synthase-Variante c.2756A>G (D919G) ist mit einer veränderten DNA-Methylierung und einer erhöhten Inzidenz maligner Hirntumoren assoziiert

A Semmler 1, M Simon 1, S Moskau 1, U Schlegel 1, T Hillemacher 1, H Frieling 1, S Bleich 1, T Klockgether 1, M Linnebank 1
  • 1Bonn, Bochum, Erlangen

Fragestellung: Chromosomale Instabilität, Mutationen und epigenetische Veränderungen der genomischen DNA sind Mechanismen der Entstehung und Progression von Malignomen. Der Methionin-Stoffwechsel ist sowohl für die DNA-Synthese und -Reparatur als auch für die DNA Methylierung wichtig. In dieser Studie haben wir untersucht, welche Bedeutung funktionell relevante Polymorphismen des Methionin-Stoffwechsels für die Entstehung maligner Hirntumoren haben.

Methoden: In monozentrischen Fall-Kontroll-Studien untersuchten wir 328 Patienten mit Glioblastoma multiforme (GBM), 290 Patienten mit Meningiomen und 31 Patienten mit primärem ZNS-Lymphom (PZNSL) kaukasischer Herkunft, die zwischen 1994 und 2005 im Universitätsklinikum Bonn behandelt worden waren. Als Kontrollen dienten aus der Region stammende Probanden ohne Tumoranamnese. Wir untersuchten folgende Polymorphismen: 5,10- Methylenetetrahydrofolatreduktase (MTHFR) c.677C>T und c.1298A>C, 5-Methyltetrahydrofolat-Homocystein S-Methyltransferase (MTR, “Methionin-Synthase“) c.2756A>G, Reduced Folate Carrier 1 (RFC1) c.80G>A, Cystathionin beta-Synthase (CBS) c.833T>C und c.844_845ins68, Transcobalamin 2 (Tc2) c.776C>G und Dihydrofolat-Reduktase (DHFR) c.594+59del19. Bei 313 gesunden Personen wurden der Genotyp MTR c.2756A>G und die globale CpG-Methylierung, gemessen in DNA peripherer Leukozyten, bestimmt.

Ergebnisse: Das G-Allel des Polymorphismus MTR c.2756A>G war bei den Patienten mit GBM, PZNSL und malignem Meningiom (WHO Grad III) signifikant unterrepräsentiert (GBM: p<0,001; PZNSL: p<0,005; malignes Meningeom: p<0,001). Der MTR-Genotyp hatte einen signifikanten Einfluss auf die globale DNA-Methylierung: AA: 41,3±14,9%; AG: 36,4±18,2%; GG: 30,8±16,9% (CpG-Methylierung in %; ANOVA:F=5,57; p=0,04).

Schlussfolgerungen: Das G-Allel des missense Polymorphismus MTR c.2756A>G (D919G) ist mit einer niedrigeren Inzidenz maligner Hirntumoren und einer geringeren globalen DNA-Methylierung assoziiert. Die MTR-Aktivität bzw. der Methionin-Stoffwechsel wird nicht nur durch Polymorphismen, sondern auch durch nutritive Faktoren beeinflusst (Nahrungsaufnahme und Plasmaspiegel von z.B. Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure, Methionin). Somit könnten die Ernährungsgewohnheiten für Entstehung maligner ZNS-Tumoren relevant sein.