Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P750
DOI: 10.1055/s-2007-988019

Cerebrale Sinusvenenthrombose bei akuter Neuroborreliose

M Adamaszek 1, AV Khaw 1, S Langner 1, A Rang 1, A Dressel 1
  • 1Greifswald, Berlin

Hintergrund: Neben verschiedenen Organmanifestationen weist Borrelia burgdorferi eine hohe Neurotropie mit unterschiedlichen Manifestationen wie Meningitiden bzw. Meningoencephalitiden, spinale Myelitiden, in Einzelfällen auch cerebrale Vasculitiden oder kraniale Hämorrhagien mit multifokalen oder periventrikulären cerebralen Läsionen auf. Über die pathophysiologischen Hintergründe besteht Uneinigkeit.

Fallbericht: Bei einem 29-jährigen Mann ließ sich im kranialen MRT neben einer Meningitis eine Thrombose des Sinus sagittalis superior ohne cerebrale Hirnparenchymläsionen als Ursache anhaltender holokranieller Kopfschmerzen nachweisen. Im Liquor cerebrospinalis zeigte sich ein entzündliches Liquorsyndrom mit einem erhöhten IgM- (AK-Index 3,4) und nur schwach positiven IgG-Titer (AK-Index 1,3) für Borrelia burgdorferi, vereinbar mit einer akuten Neuroborreliose. In der weiteren Diagnostik fand sich kein Hinweis auf einen anderen Erreger oder eine Gerinnungsstörung Unter einer Behandlung mit Ceftriaxon und einer Antikoagulation mit Phenprocoumon über sechs Monate war die Sinusvenenthrombose partiell rückläufig. Diskussion: Mit diesem Fall wird eine Sinusvenenthrombose als zusätzliche Manifestation einer akuten Neuroborreliose dokumentiert. Borrelia weist eine erhöhte Affinität für das Glykoprotein IIa/IIIb-Rezeptor aktivierter Thrombozyten auf. An der Genese systemischer Thrombosen ist dieser auf aktivierten Thrombozyten exprimierter Rezeptor funktionell beteiligt. Interessanterweise hat Borrelia eine erhöhte Affinität für diesen Rezeptor und könnte über diese Interaktion die Rezeptor-vermittelte Signalübertragung modulieren. In welchem Masse die Bindung von B. burgdorferi an diesem IIa/IIIb-Rezeptor die Aktivierung von Thrombozyten beeinträchtigt, ist im Kontext eine interessante und bisher nicht geklärte Frage.

Zusammenfassung: Unser Fallbericht unterstützt bei noch lückenhaften pathophysiologischen Kenntnissen über hämostaseologische Effekte einer Neuroborreliose einen ursächlichen Zusammenhang mit der akuten Sinusvenenthrombose. Differentialdiagnostisch sollte bei der Klärung einer Sinusvenenthrombose und einem entzündlichen Liquorsyndrom auch an eine Neuroborreliose gedacht werden.