Hintergrund: Neben verschiedenen Organmanifestationen weist Borrelia burgdorferi eine hohe Neurotropie
mit unterschiedlichen Manifestationen wie Meningitiden bzw. Meningoencephalitiden,
spinale Myelitiden, in Einzelfällen auch cerebrale Vasculitiden oder kraniale Hämorrhagien
mit multifokalen oder periventrikulären cerebralen Läsionen auf. Über die pathophysiologischen
Hintergründe besteht Uneinigkeit.
Fallbericht: Bei einem 29-jährigen Mann ließ sich im kranialen MRT neben einer Meningitis eine
Thrombose des Sinus sagittalis superior ohne cerebrale Hirnparenchymläsionen als Ursache
anhaltender holokranieller Kopfschmerzen nachweisen. Im Liquor cerebrospinalis zeigte
sich ein entzündliches Liquorsyndrom mit einem erhöhten IgM- (AK-Index 3,4) und nur
schwach positiven IgG-Titer (AK-Index 1,3) für Borrelia burgdorferi, vereinbar mit
einer akuten Neuroborreliose. In der weiteren Diagnostik fand sich kein Hinweis auf
einen anderen Erreger oder eine Gerinnungsstörung Unter einer Behandlung mit Ceftriaxon
und einer Antikoagulation mit Phenprocoumon über sechs Monate war die Sinusvenenthrombose
partiell rückläufig. Diskussion: Mit diesem Fall wird eine Sinusvenenthrombose als zusätzliche Manifestation einer
akuten Neuroborreliose dokumentiert. Borrelia weist eine erhöhte Affinität für das
Glykoprotein IIa/IIIb-Rezeptor aktivierter Thrombozyten auf. An der Genese systemischer
Thrombosen ist dieser auf aktivierten Thrombozyten exprimierter Rezeptor funktionell
beteiligt. Interessanterweise hat Borrelia eine erhöhte Affinität für diesen Rezeptor
und könnte über diese Interaktion die Rezeptor-vermittelte Signalübertragung modulieren.
In welchem Masse die Bindung von B. burgdorferi an diesem IIa/IIIb-Rezeptor die Aktivierung
von Thrombozyten beeinträchtigt, ist im Kontext eine interessante und bisher nicht
geklärte Frage.
Zusammenfassung: Unser Fallbericht unterstützt bei noch lückenhaften pathophysiologischen Kenntnissen
über hämostaseologische Effekte einer Neuroborreliose einen ursächlichen Zusammenhang
mit der akuten Sinusvenenthrombose. Differentialdiagnostisch sollte bei der Klärung
einer Sinusvenenthrombose und einem entzündlichen Liquorsyndrom auch an eine Neuroborreliose
gedacht werden.