Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P737
DOI: 10.1055/s-2007-988007

Verarbeitung emotionaler Gesichtsausdrücke bei Patienten mit Multipler Sklerose – eine fMRT-Studie

M Krause 1, J Wendt 1, J Berneiser 1, K Meinhard 1, M Lotze 1, A Hamm 1, A Dressel 1, N Hosten 1, C Kessler 1
  • 1Greifswald

Fragestellung: Zunehmend werden bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) auch kognitive und affektive Beeinträchtigungen beschrieben [1,2]. Wenig ist jedoch noch über mögliche Störungen der affektiven Wahrnehmung bekannt. Wir führten funktionelle Kernspintomographie (fMRT) während der Betrachtung emotionaler Gesichter an Patienten mit MS durch, die hinsichtlich der Beurteilung von emotionalen Gesichtern in Voruntersuchungen auffällig waren. Aktivierungen in Emotionsverarbeitungsarealen dieser Patienten wurden mit denen von Gesunden verglichen.

Methoden: 61 Patienten mit MS wurden mit der Tübinger Affekt Batterie (TAB) hinsichtlich ihrer Affektwahrnehmung getestet. Daraus rekrutierten wir 12 Patienten (6 schubförmig, 5 sekundär progredient, 1 primär progredient; Mittelwert 43 Jahre; Multiple Sclerosis Functional Composite (MSFC) Median 0,45 (-1,3–0,86), Beck Depression Inventory (BDI) Median 15 (0–33)), die sich am stärksten von der gematchten Normgruppe (n=12, Mittelwert 45,5 Jahre) unterschieden. Die TAB- Untertests, die sich zwischen den Gruppen am stärksten unterschieden (Affektdiskrimination und Affektzuordnung), wurden in der fMRT-Untersuchung (1,5T, 33 Schichten, TR: 3s; Bildmaterial: Karolinska Directed Emotional Faces, KDEF; [3]) präsentiert.

Ergebnisse: Die Patientengruppe zeigte im Vergleich zur Normalgruppe bei der Verarbeitung emotionaler Gesichtsausdrücke negativer Valenz (Trauer, Furcht, Wut) eine signifikant niedrigere Aktivierung im Bereich des ventrolateralen präfrontalen Kortex (VLPFC; BA 47, p(FWE corr)<0,05, T=7,98).

Schlussfolgerung: MS-Patienten, die Probleme in der Beurteilung emotionaler Gesichter aufwiesen, zeigten reduzierte VLPFC-Aktivität. Der VLPFC ist bei der Verarbeitung emotionaler Gesichter wesentlich involviert [4]. Diese Region könnte – zusammen mit anderen Hinweisen auf eine Valenzkodierung emotionaler Gesichter in BA 47 [5] – ein funktionelles Korrelat für die Beeinträchtigung der MS-Patienten sein. Ein weiterer Vergleich mit Patienten ohne emotionale Beeinträchtigung soll die Spezifität dieser Minderaktivierung verdeutlichen.

Literatur:

1Rao et al. (1991) Neurology 41:685–696.

2Kesselring et al. (2001) Journal of Neurology 248:180–183.

3Lundqvist et al. (1998) The Karolinska Directed Emotional Faces (KDEF).

4Possamentier et al. (2003) Neuropsychology Review 13:113–143.

5Lotze et al. (2006) Neuropsychologia 44:1787–1795.