Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P734
DOI: 10.1055/s-2007-988004

Fronto-temporale Hirnleistungen und Aufmerksamkeit bei Patienten mit schubförmiger MS (RRMS) – Längsschnittbeobachtung nach 2 Jahren

C Kauderer 1, H Schreiber 1, M Lang 1, W Hofmann 1, W Elias 1, M Freidel 1, G Reifschneider 1, B Bühler 1, R Tröger 1, M Palmbach 1, A Kornhuber 1 IM De Winter 1 für die Praxisstudiengruppe Multiple Sklerose
  • 1Ulm, Aschaffenburg, Hamburg, Kaltenkirchen, Erbach, Mannheim, Dresden (Mittweida)

Fragestellung: Verlaufsbeobachtung einer differenzierten Leistungsserie fronto-temporaler Hirnfunktionen und Aufmerksamkeitsleistungen bei behandelten und unbehandelten RRMS-Patienten sowie Gesunden in Korrelation zu MRI und Klinik.

Methodik: Multizentrische Längsschnittuntersuchung über 2 Jahre (LS2) nach Baseline-Analyse (QS). Einschlusskriterien bei baseline: 18–55J., RRMS/Mc Donald, Verlauf <3J., EDSS 0–3,0). Von 108 RRMS (43 Avonex, 46 Copaxone, 19 unbehandelt) und 29 gematchten Kontrollen der QS konnten bei LS2 111 RRMS Patienten und Kontrollen nachuntersucht werden. Das Datenprofil (LS2) umfasste klinische und Verhaltensparameter (Neurostatus, EDSS, Clin. Global Impression, Ambulation Index, Funkt. Status, Fatigue (FSS), Lebensqualität (EQ5d), neuropsychologische Dimensionen (verbale und non-verbale Fluency, Interferenzkontrolle, Arbeitsgedächtnis, Lernen und Gedächtnis (verbal, visuo-spatial), Aufmerksamkeit (Vigilanz, Reaktionswechsel, geteilte A.) und semi-quantitative MRI-Auswertung (T2/T1 Läsionsvolumen, Verteilungsmuster, Atrophieindices).

Ergebnisse: Im Längsschnitt (QS vs. LS2) zeigte der Vergleich RRMS vs. Kontrollen konsistente Leistungsdefizite der Patienten in allen neuropsychologischen Dimensionen. Signifikante Gruppeneffekte ergaben sich vor allem bei hohen kognitiven Anforderungen, waren meist subklinisch. Die kognitiven Unterschiede traten bereits in frühen Phasen der MS (baseline) zutage, blieben im Beobachtungszeitraum in der Regel konstant (Stabilität der RRMS Pat.). Beim Vergleich RRMS behandelt vs. unbehandelt zeichnen sich positive Treatment-Hinweise bei Aspekten der verbalen Flüssigkeit, multimodalen Interferenz, geteilten Aufmerksamkeit (visuell) und des verbalen Lernens ab. Dabei wurden Treatmenteffekte durch differentielle Lerneffekte überlagert. Beim Vergleich der Treatment-Untergruppen (AV vs. COP) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede im Verlauf. RRMS Pat. vs. Kontrollen sowie die RRMS Untergruppen waren in den Verhaltens- sowie Klinikparametern vergleichbar. Der MRI Cella media Index zeigte bei den unbehandelten Patienten eine signifikante Zunahme, bei Behandelten blieb er stabil. Die übrigen MRI Progressions-Parameter zeigten keine signifikanten Treatment-assoziierten Effekte.

Schlussfolgerung: Die Studie belegt umfassende, jedoch subklinische Beeinträchtigungen fronto-temporaler Hirnleistungen früh im Verlauf der RRMS. Einige Parameter zeigen eine Sensitivität für Behandlungseffekte.