Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P718
DOI: 10.1055/s-2007-987988

Plasmapherese in der eskalierenden Schubtherapie der Multiplen Sklerose: offene Nachbeobachtung

C Meyer 1, A Schröder 1, M Fischer 1, S Schimrigk 1, U Schlegel 1, A Chan 1, R Gold 1
  • 1Bochum

Fragestellung: Der therapeutische Plasmaaustausch (PE) führt bei akuten, kortisonrefraktären MS-Schüben in ca. 60–70% zu einer deutlichen Besserung im unmittelbaren Verlauf. Wir berichten über weitere Erfahrungen in der Akut- und Langzeittherapie dieser Patienten.

Methoden/Patientenkollektiv: 8 Patienten (1m.,7 w.,35 Jahre (26–60) mit schubförmiger MS, 2 klinisch isolierte Syndrome) mit einer akuten, steroidrefraktären Verschlechterung wurden innerhalb von 4–6 Wochen plasmapherisiert (4 Zyklen, 30ml/kg KG, OctoNova). Vor PE sowie nach der jeweiligen letzten PE wurden klinische (EDSS, MSFC) und paraklinische Verlaufsparameter (evozierte Potentiale, kernspintomographische Kontrollen) erfasst.

Ergebnisse: Alle Patienten zeigten ein gutes oder ausgezeichnetes Ansprechen (EDSS-Verbesserung 1,5 Punkte, 6 Patienten bzw. >2,5 Punkte, 2 Patienten). Die Symptombesserung zeigte sich nach durchschnittlich 3 Behandlungen. Eine fulminant progressive MS Verlaufsform bei einer mutistischen Patientin (EDSS 9.5) mit bioptisch gesicherter Antikörper-/Komplement-assoziierter Demyelinisierung zeigte eine deutliche klinische Verbesserung mit möglicher Kontaktaufnahme (EDSS 9.0). Ein Rezidiv einer Optikusneuritis (ON) 14 Tage nach PE wurde mit erneuter PE erfolgreich behandelt. Pathogenetisch geleitet wurde nach der PE die Langzeittherapie auf Rituximab/Azathioprin bzw. Mitoxantron umgestellt. 2 zuvor unbehandelte Patienten (ON/Hirnstammsymptomatik) mit ausgezeichnetem Ansprechen auf die PE wurden auf Mitoxantron eingestellt. Je eine Vortherapie mit Interferon-b 1b bzw. Copaxone wurde auf Tysabri eskaliert, in je einem Fall erfolgte die Fortführung einer Tysabri- bzw. Mycophenolat Mofetiltherapie. Zweimalig wurde die 3. PE wegen Katheterinfektion/Anaphylaxie abgebrochen.

Schlussfolgerung: Die offene Beobachtung bestätigt die hohe Erfolgsrate bei frühem Beginn der PE; ebenso wie die Notwendigkeit einer suffizienten Langzeittherapie. Erneut PE-responsive Rezidive kurz nach PE weisen auf die Einleitung einer pathogenetisch orientierten Intervalltherapie hin. Bei histopathologisch nachweisbarer Antikörper-/Komplement-vermittelter Demyelinisierung kann eine erweiterte Indikationsstellung für B-Zell gerichtete Therapien diskutiert werden. Eine Langzeitbeobachtung der Patienten ist vorgesehen.