Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P712
DOI: 10.1055/s-2007-987982

Krankheitsbewältigung bei Multipler Sklerose unter dem Gesichtspunkt krankheitsspezifischer Variablen

A Apel 1, B Greim 1, T Klauer 1, N König 1, UK Zettl 1
  • 1Rostock, Berg/Kempfenhausen

Fragestellung: Die Diagnose und die Erkrankung Multiple Sklerose (MS) stellt eine physische und psychische Belastung für die Patienten dar. Die Erfassung von Bewältigungsverhalten ist deshalb wichtig für eine Aussage über die psychosoziale Anpassung der Patienten an die Erkrankung. In der Copingliteratur gibt es zwar zahlreiche Instrumente zur Erfassung von Copingverhalten, in denen wurden bisher die spezifischen Probleme der MS aber nur unzureichend beachtet. Ziel der Untersuchung war die Evaluierung MS-spezifischen Copingverhaltens.

Methoden: Von 243 MS-Patienten wurden neben soziodemographischen Variablen, z.B. Alter und Geschlecht, auch krankheitsspezifische Daten, z.B. Krankheitsverlauf und Schweregrad der Erkrankung (EDSS), erfasst. Zur Erhebung des Copingverhaltens wurde die Coping with MS scale (CMSS) eingesetzt. Nach der Beschreibung eines Hauptproblems berichteten die Patienten anhand von 43 Items, wie häufig sie welche Bewältigungsstrategien einsetzen.

Ergebnisse: Die untersuchten Patienten waren im Durchschnitt 44 Jahre alt und seit 8,2 Jahren erkrankt. Der mittlere EDSS betrug 4,0. 72,8% der Patienten waren Frauen. Mithilfe einer Faktorenanalyse wurden aus den 43 Items durch eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation fünf Skalen gebildet: Problembewältigung und Informationssuche (PB), Energiemanagement (EM), aktive Gesundheitskontrolle (GK), emotionale Bewältigung (EB) und fehlende Akzeptanz (FA).

Als häufigste Problembereiche wurden von den Patienten neben körperlichen Einschränkungen emotionale, kognitive (z.B. Ermüdbarkeit und Konzentrationsstörungen) sowie finanzielle Probleme genannt. Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsverläufen unterschieden sich in ihrem Copingverhalten auf den Skalen GK und PB voneinander (PB: F=9,2; p<0,001; GK: F=37,7; p<0,001). Einzelgruppenvergleiche zeigten, dass Patienten mit SPMS höhere Werte auf der Skala PB berichteten als Patienten mit RRMS und PPMS. Des Weiteren gaben Patienten mit PPMS und SPMS eine höhere Gesundheitskontrolle (GK) an als Patienten mit RRMS. Das Copingverhalten korrelierte mit dem EDSS (PB: r=0,194; EM: r=0,177; GK: r=0,600).

Schlussfolgerungen: Bei der Erhebung MS-spezifischen Copingverhaltens wird deutlich, wie eng dieses mit krankheitsspezifischen Variablen wie Krankheitsverlauf und Schweregrad der Beeinträchtigung verbunden ist. Dies sollte in zukünftigen Untersuchungen stärker berücksichtigt werden.