Bei Blechbläsern wird die Tonbildung bzgl. Intonation, Sicherheit im Anstoß und Qualität
wesentlich durch die Lippenspannung und den Luftstrom bewirkt. Diese wird von der
perioralen Muskulatur erzeugt. Auch die Ausdauer im Spiel, die besonders bei professionellen
Musikern von Bedeutung ist, wird von einer ökonomischen Muskelarbeit bestimmt. Bei
unwillkürlich eingeübten und nicht frühzeitig korrigierten Fehlbelastungen kann es
im Verlauf eines Berufslebens zu mangelhafter, bis zur Berufsunfähigkeit führender
Leistung kommen. Messbare Parameter der Muskelaktivität im Kopf- und Halsmuskelbereich
fehlen bislang weitgehend. An 23 professionellen Trompetern (Orchestermusiker, Musikhochschuldozenten,
Musikstudenten an Hochschulen, freischaffende Musiker) wurde mittels Oberflächenelektroden
die elektromyografische Aktivität von perioralen Muskeln und Halsmuskeln abgeleitet
sowie elektronisch quantifiziert. Die Ableitungen erfolgten während gehaltener Töne
in verschiedenen Höhen und Lautstärken. Bei allen Musikern fand sich unabhängig von
der Tonhöhe eine deutlich stärkere Aktivität im Bereich der perioralen Unterlippenmuskulatur
im Vergleich zur Oberlippe. Die Aktivitätssteigerung korrelierte mit der Tonhöhe und
Lautstärke. Die tonhöhenabhängige Aktivitätssteigerung war im Bereich der Unterlippenmuskulatur
am größten. Trotz des Namens „Trompetermuskel“ zeigte der M. buccinator nur eine vergleichsweise
geringe Aktivität. Entgegen der Erwartung beim Spielen höherer Töne, bei denen, besonders
bei weniger ausdauernden Blechbläsern, das Mundstück oft fester an die Lippen gepresst
wird und deshalb der Kopf durch anteflektierende Muskeln stabilisiert werden muss,
fand sich bei unserem Kollektiv hochqualifizierter Trompeter keine ausgeprägte Zunahme
der Aktivität des M. sternocleidomastoideus. Bei der Berufsstruktur des untersuchten
Kollektivs kann man davon ausgehen, dass das ermittelte Aktivitätsmuster der verschiedenen
Muskeln als beispielhaft für die Erlernung eines Blechblasinstrumentes zu betrachten
ist. Damit ist eine physiologische Grundlage für den musikpädagogischen Instrumentalunterricht
und für die Korrektur bei Ansatzproblemen im Beruf stehender Musikern vorgelegt. Die
Methode kann evtl. als Biofeedback an Musikhochschulen eingesetzt werden.