Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P657
DOI: 10.1055/s-2007-987928

Kaliumkanalblocker 4-Aminopyridin ist wirksam bei episodischer Ataxie Typ 2– ein Video-Fallbericht

M Löhle 1, W Schrempf 1, M Wolz 1, H Reichmann 1, A Storch 1
  • 1Dresden

Fragestellung: Untersuchung der Wirksamkeit des Kaliumkanalblockers 4-Aminopyridin bei einer Patientin mit Spätmanifestation einer episodischen Ataxie Typ 2.

Hintergrund: Die episodische Ataxie Typ 2 (EA2) ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch Mutationen im Gen CACNA1A verursacht wird, welches die CaV2.1 Untereinheit eines Kalziumkanals vom P/Q-Typ kodiert, der hauptsächlich in Purkinje-Zellen exprimiert wird. Klinisch ist die EA2 durch wiederkehrende Ataxie-Attacken gekennzeichnet und kann häufig durch Acetazolamid behandelt werden. Für Patienten, die auf diese Behandlung nicht ansprechen, existieren bislang jedoch kaum Behandlungsmöglichkeiten.

Methoden: Wir untersuchten eine 63 Jahre alte Patientin, die an einer episodischen Ataxie leidet, welche nicht auf Acetazolamid ansprach. Nachdem eine probatorische Behandlung mit 5mg 4-Aminopyridin (4-AP) dreimal täglich begonnen worden war, berichtete die Patientin über eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden. Um diese Verbesserung zu objektivieren, wurde die Patientin nach dem Absetzen sowie nach Wiederansetzen von 4-AP gefilmt und die Symptome anhand einer kürzlich validierten Skala zur Untersuchung und Bewertung von Ataxien (scale for the assessment and rating of ataxia, SARA) quantifiziert.

Ergebnisse: Die EA-2 manifestierte sich bei der Patientin ab dem 57. Lebensjahr durch wiederkehrende Attacken mit Drehschwindel und Ataxie, die von einer Dysarthrie begleitet wurden. Zwischen diesen Attacken litt die Patientin aufgrund eines Downbeat-Nystagmus unter Problemen bei der Fixation von Gegenständen, einer zunehmenden Gangataxie, die eine Gehhilfe erforderlich machte, sowie unter nahezu täglich auftretenden Kopfschmerzen. Ohne 4-AP hatte die Patientin in der Untersuchung nach SARA vor allem Defizite bei den Unterpunkten Gang, Stand, Sprechstörung sowie bei einigen Koordinationsprüfungen. Nach Einnahme von 4-AP zeigte sich eine Verbesserung der Punktwerte nach SARA bezüglich dieser Symptome.

Schlussfolgerung: Unser Fallbericht lässt darauf schließen, dass 4-AP eine mögliche Behandlungsoption für Patienten mit einer EA2 darstellt, bei denen Acetazolamid keine Verbesserung der Symptome erbrachte. Dieser Effekt ist am ehesten auf eine Verstärkung des inhibitorischen Einflusses von Purkinje-Zellen durch 4-AP zurückzuführen.