Die akute febrile neutrophile Dermatose (Sweet-Syndrom) wurde 1964 erstmals von Douglas
Sweet als Symptomenkomplex aus akut auftretenden, schmerzhaften, erythematösen Plaques,
Fieber und einem schlechten Allgemeinzustand beschrieben. Histologisch finden sich
in der Dermis massenhaft reife Granulozyten, jedoch ohne Zeichen einer Vaskulitis.
Häufig ist das Sweet-Syndrom mit weiteren systemischen Erkrankungen assoziiert wie
Infekten, Kollagenosen und Neoplasien. Für gewöhnlich spricht die Erkrankung sehr
gut auf Corticosteroide an.
In seltenen Fällen geht das Sweet-Syndrom mit einer sterilen Enzephalitis oder Meningitis
einher und trägt dann den Namen Neuro-Sweet-Syndrom. Ähnlich dem Neuro-Behcet-Syndrom
finden sich vorwiegend MR-tomographische Läsionen im Hirnstamm und der periventrikulären
weißen Substanz. Bislang wurden weltweit etwa 40 Fälle des Neuro-Sweet-Syndroms beschrieben,
fast ausschließlich bei japanischen Patienten.
Wir berichten über eine 80-jährige kaukasische Patientin, die typische Hautläsionen
entwickelte und bei der die Diagnose Sweet-Syndrom bioptisch gesichert wurde. Eine
intensive Suche konnte keinen Hinweis auf eine Neoplasie liefern. Unter systemischer
Cortikosteroidtherapie kam es zum Auftreten einer Depression. Einen Monat nach Ausbruch
der Erkrankung trat eine akute Vigilanzminderung auf und die Patientin wurde auf die
neurologische Intensivstation verlegt. Das MRT zeigte in der T2-Wichtung flächige
periventrikuläre Hyperintensitäten mit Betonung der linken Inselregion und links frontal
sowie Signalhyperintensitäten im Bereich des Hirnstammes. Eine Liquoruntersuchung
war unauffällig, insbesondere fanden sich keine Hinweise auf eine infektiöse Genese
der Enzephalitis. Zwei Tage nach der Übernahme verstarb die Patientin.
Dieser Fall stellt ein Überlappungssyndrom an der Grenze zwischen der Dermatologie
und der Neurologie dar. Die Ätiologie der Erkrankung liegt heute noch weitgehend im
Dunkeln und die Inzidenz einer begleitenden Enzephalitis ist unbekannt. Da in den
meisten Fällen die Hautläsionen einer symptomatischen ZNS-Beteiligung vorausgehen
und die Krankheit für gewöhnlich sehr gut auf Corticosteroide anspricht, lässt sich
vermuten, dass die Inzidenz von klinisch blanden Enzephalitiden sehr viel häufiger
liegt, als die bislang wenigen publizierten Fälle vermuten lassen.