Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P594
DOI: 10.1055/s-2007-987865

Dissektion cervikaler Arterien mit Hirnnervenbeteiligung

N Brüning 1, M Vahlensieck 1, H Hertfelder 1, A Hartmann 1
  • 1Bonn

Fragestellung: Dissektionen (Diss.) der cervikalen Arterien stellen mit 10%-25% die zweithäufigste Schlaganfallursache der unter 45-jährigen Patienten dar. Diss. der A. carotis interna (ACI) sind häufiger als die der A. vertebralis (AV). Als Therapie wird i.a. eine Antikoagulation durchgeführt. Kontrollierte Studien hierzu fehlen. In 5%-20% der Fälle mit ACI-Diss. kommt es zu einer Beteiligung von Hirnnerven (HN), wobei v.a. die kaudalen HN betroffen sind. Auch bei Hirnstamminfarkten (AV-Diss.) kann es zu HN-Beteiligungen kommen.

Ziel der Studie war eine Beurteilung des klinischen Verlaufs bzgl. Mortalität, Komplikationen und Rezidiv-Diss. unter Antikoagulation.

Methoden: 89 konsekutiv aufgenommene Pat. (44w, 45m, mittl. Alter 44,7J.) mit Diss. wurden mit klinischem Status (NIHSS, mod. Rankin-Skala, mRS), Doppler-/Duplexsonographie und MRT/MRA untersucht. Die mittl. Nachbeobachtungszeit für eine erneute komplette Diagnostik betrug 35,6 Monate.

Ergebnisse: Es fanden sich 64 ACI- u. 40 AV-Diss., 9 Pat. hatten multiple Diss., zu erneuten Diss. kam es bei 5 Pt. Hirninfarkte wurden bei 46 Pat. Beobachtet (44 Territorial-, 2 Grenzzoneninfarkte). 2/3 der Diss. traten spontan auf, 10% nach chiroprakt. Manöver, 11% nach Sport, 9% nach Trauma u. je 3% nach Trivialtrauma bzw. iatrogen bei Angiographie. Bei 7 Pat. (4 ACI- und 3 Pat. AV-Diss.) kam es zu einer HN-Beteiligung: 3 Hypoglossus- u. 3 Glossopharyngeusparesen, sowie jeweils eine Abduzens- und Rekurrenzparese. Die HN-Paresen bildeten sich bei 5 Pat. im Verlauf komplett zurück, zwei Pat. hatten persistierende Hirnnervenausfälle.

Im Verlauf kam es bei allen Pat. zu einer deutlichen Verbesserung des klinischen Status: Im NIHSS stieg der Anteil der Pat. mit einem Score von 0 von 30 auf 70%, der Anteil der Pat. mit einem Score von 5–10 bzw. 11–20 nahm deutlich ab (von 20 bzw. 10% auf jeweils 5%). In der mRS wurden bei Nachuntersuchung 85% in Grad 1u. 2 eingestuft (ohne Symptome bzw. ohne signifikante Behinderung), eine Beeinträchtigung ≥ Grad 3 wiesen noch 15% auf (bei Aufnahme 30%). Ein Pat. verstarb an einem Rezidivinfarkt. Komplikationen unter Antikoagulation traten bei 7 Pat. auf (1 SAB, 4 Reinfarkte, 2 erneute Diss.).

Schlussfolgerung: Der klinische Verlauf von Pat. mit Diss. der cervikalen Arterien ist meist erfreulich. 8% der Pat. zeigten eine HN-Beteiligung. Unter Antikoagulation kam es nur selten zu Komplikationen.