Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P547
DOI: 10.1055/s-2007-987818

Rehabilitation sensomotorischer Defizite durch Aktivierung propriozeptiver Afferenzen in spino-thalamischen und spino-cerebellären Systemen

A Struppler 1, M Bernhardt 1, B Angerer 1, G Nelles 1
  • 1München, Köln

Fragestellung: Unser Ziel ist die Rehabilitation spezieller Störungen der sensomotorischen Integration z.B. nach Schlaganfall. Weiteres Ziel sind Verbesserung und objektive Evaluierung der Therapie mithilfe regelungstechnischer Methoden.

Methoden: Unser Konzept basiert auf der Aktivierung von Reorganisationsprozessen im ZNS durch Induzierung eines propriozeptiven Zustroms. Zur Aktivierung wenden wir die die Repetitive Periphere Magnetstimulation (RPMS) an. Die repetitiven Magnetpulse (20Hz) aktivieren die sensomotorischen Endaufzweigungen der relevanten Muskeln, die sich infolge dessen kontrahieren. Hierdurch entstehen ein inadäquater Zustrom zum ZNS durch direkte Aktivierung sensomotorischer Afferenzen sowie ein adäquater Zustrom durch Aktivierung von Mechanorezeptoren.

Durch positionsgeregelte Induktion antagonistischer Reich- und Greifbewegungen wird der propriozeptive Zustrom optimiert und durch Anwendung von Systemidentifikationsmethoden werden Patientenparameter wie Muskelermüdung und Spastizität während der Therapie extrahiert.

Ergebnisse: Unsere klinischen Studien haben gezeigt, dass der RPMS-induzierte Zustrom in funktionell und anatomisch definierten Systemen der zentralen Projektion und Repräsentation modulierende Effekte hat. Der Therapieeffekt konnte bei drei unterschiedlichen sensomotorischen Leistungen nachgewiesen werden: Spastik/Parese, Asynergie/Dysmetrie (Zielmotorik), Ataxie (Standmotorik) und kognitive Funktionen (taktil/explorativ), z.B. Neglekt. Auch nach langer Latenz konnten Reprogrammierungsprozesse ausgelöst und diese Verbesserungen erhalten werden.

Auf der Basis eines biomechanischen Bewegungsmodells und eigens entwickelter Parameteridentifikationsmethoden wurden eine positionsgeregelte antagonistische Bewegungsinduktion von Ellbogen und Zeigefinger entwickelt. Im Rahmen einer Pilotstudie an einem spastisch-paretischen Patienten wurde mittels nichtlinearer Systemidentifikation der Spastizitätsgrad während der Stimulation quantifiziert.

Schlussfolgerungen: Die Effekte der RPMS beruhen auf der Funktion, der Projektion und der Repräsentation des propriozeptiven Zustroms im ZNS. Der Aktivierungseffekt ist deshalb lokalisierbar und unterscheidet sich je nach Stimulationsort im rezeptiven Bereich. Die Projektion geschieht einerseits über spino-cerebelläre Afferenzen (kortiko-cerebello-thalamo-kortikale Schleife: Efferenzkopie und Reafferenz) und andererseits über spino-thalamo-kortikale Afferenzen (parieto-frontale Schleife).