Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P537
DOI: 10.1055/s-2007-987808

Restless Legs Syndrom bei Monozygoten und Dizygoten Zwillingen

N Groß 1, A Busjahn 1, J Winkelmann 1
  • 1München, Berlin

Hintergrund: Bis zu 60% der Patienten mit einem idiopathischen Restless Legs Syndrom (RLS) haben eine positive Familienanamnese. Bisher wurden fünf Loci für das RLS identifiziert. Es wird vermutet, dass es sich um eine genetisch komplexe Erkrankung handelt und bei der Entstehung genetische wie auch umweltbedingte Faktoren eine Rolle spielen könnten. Zwillingsstudien stellen eine geeignete Methode dar, die erbliche Komponente einer Erkrankung abzuschätzen und das Ausmaß der Interaktion von genetischen und Umweltfaktoren zu beurteilen.

Methode: 319 Monozygoten (MZ) und Dizygoten (DZ) Zwillingspaaren wurde ein Fragebogen geschickt, der die 4 RLS-Diagnosekriterien der Internationalen RLS-Study-Group (IRLSSG) beinhaltete. Für alle Zwillingspaare, die mindestens eine Frage positiv beantwortet haben, erfolgte ein standardisiertes Telefoninterview. Zusätzlich wurden Zwillingspaare mit RLS über den deutschen RLS e.V. und RLS-Spezialambulanzen rekrutiert. Der Zygotienachweis erfolgte nach DNA-Extraktion mittels Fragmentanalyse mit 8 hochpolymorphen Mikrosatellitenmarkern.

Es wurden paarweise Konkordanzraten und daraus abgeleitet Erblichkeitsschätzungen berechnet. Hierzu wurde basierend auf der tetrachorischen Korrelation der relative Varianzanteil additiv-genetischer Einflüsse (A) sowie gemeinsamer (C) und getrennter (E) Umwelteinflüsse mittels structural equation modelling (ACE-Modell) bestimmt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 19 MZ und 11 DZ RLS-Zwillingspaare rekrutiert. Vierzehn MZ Paare und 6 DZ Paare waren konkordant für RLS. Das entspricht einer paarweisen Konkordanzrate von 74% für MZ Paare und 55% für DZ Paare. Die Berechnung des ACE-Modells ergab, dass zu 67% gemeinsame Umweltfaktoren und zu 28% genetische Faktoren die Entwicklung eines RLS beeinflussen.

Schlussfolgerung: Bei der Entstehung eines RLS sind auch innerfamiliäre Umwelteinflüsse beteiligt. Genetische Faktoren sind relevant, spielen aber möglicherweise eine geringere Rolle als bisher angenommen. Dieses Modell könnte RLS-Familienstammbäume mit einer hohen Anzahl (>50%) betroffener Nachkommen erklären. Adoptionsstudien und Untersuchungen von diskordanten MZ und DZ Zwillingspaaren ermöglichen die Identifizierung spezifischer Einflussfaktoren aus der Umwelt.