Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P510
DOI: 10.1055/s-2007-987781

Klinische Genetik der Musikerdystonie

HC Jabusch 1, A Schmidt 1, J Hagenah 1, L Enders 1, N Brüggemann 1, K Lohmann 1, A Münchau 1, E Altenmüller 1, C Klein 1
  • 1Hannover, Lübeck, Hamburg

Fragestellung: Die fokale Dystonie bei Musikern wird bislang als sporadisch auftretende Bewegungsstörung angesehen. In epidemiologischen Untersuchungen zeigten sich jedoch familiäre Häufungen. Daher soll in der vorgestellten Studie die mögliche Rolle der Genetik bei der Entstehung der Musikerdystonie (MD) untersucht werden.

Methoden: Eingeschlossen wurden 28 Patienten mit MD (14 mit vorbekannter positiver Familienanamnese (FA+) für tätigkeits-spezifische fokale Dystonien (TSFD); 14 ohne bekannte Familienanamnese (FA?)) und ihre Familien. Anhand des Beth Israel Dystonia Screen (BIDS) wurde mit den Angehörigen ein Telefon-Screening durchgeführt. Angehörige mit BIDS-basiertem Verdacht auf eine Bewegungsstörung und alle Indexpatienten wurden neurologisch untersucht. Die Untersuchungen wurden video-dokumentiert, drei unabhängige Neurologen begutachteten die Videos. Anhand ihrer Diagnosen wurden Konsensus-Diagnosen erstellt. Alle Patienten wurden auf die GAG-Deletion in DYT1 hin untersucht, ebenso wurde bei geeigneten Familien nach einer Koppelung auf dem DYT7 Locus gesucht.

Ergebnisse: Außer den 28 Indexpatienten berichteten 15 Angehörige initial, an einer Form der TSFD zu leiden. Das BIDS-Screening bei weiteren 78 Familienmitgliedern ergab bei 11 Angehörigen den Verdacht auf das Vorliegen einer Dystonie. Die neurologische Untersuchung und video-basierte Begutachtung sicherte bei allen 28 Indexpatienten die Diagnose einer MD. Mit dem gleichen Vorgehen wurde bei 24/26 der mutmaßlich betroffenen Angehörigen eine TSFD gesichert (MD: n=8, andere TSFD: n=16), von denen 7 aus FA?-Familien stammten. Bei 48 der 52 Betroffenen fand mindestens ein Gutachter Hinweise für eine weitere Form der Dystonie, weitere Bewegungsstörungen wurden bei 19 Patienten beschrieben. Insgesamt wurden 19 Multiplexfamilien mit 2–4 betroffenen Angehörigen in einer (n=6), zwei (n=11) oder drei (n=2) Generationen identifiziert, vereinbar mit einem autosomal-dominanten Erbgang in mindestens 13 Familien. Die DYT1-Mutation war bei keinem der getesteten Patienten vorhanden, eine Koppelung auf dem DYT7-Locus konnte bei keiner der 11 getesteten Familien ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung: Dystone Symptome, zumeist TSFD, sind bei zahlreichen Angehörigen der Indexpatienten mit MD vorhanden. Die Ergebnisse weisen auf eine hereditäre Komponente bei der TSFD mit unterschiedlicher phänotypischer Ausprägung einschließlich der MD hin.