Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P472
DOI: 10.1055/s-2007-987743

Bewegungscharakteristika der Handschrift bei Schreibkrampf: Effekte der Aufgabe und des Dystonietyps

A Schneider 1, B Baur 1, W Fürholzer 1, C Marquardt 1, J Hermsdörfer 1
  • 1München

Die kinematischen und dynamischen Charakteristika der Schreibbewegung von Patienten mit Schreibkrampf sind nur wenig untersucht. Insbesondere sind detaillierte Analysen der Abhängigkeit der Schreibleistung von dem zu schreibenden Textmaterial und von der spezifischen Symptomatik (simpler versus dystoner Schreibkrampf) wünschenswert. Diese Informationen können wichtige Hinweise für die Therapie liefern.

In der hier vorgestellten Studie wurden 15 Patienten mit dystonem Schreibkrampf, 10 Patienten mit simplem Schreibkrampf und 15 Kontrollpersonen untersucht. Die Schreibbewegungen wurden mit einem graphischen Tablett registriert und hinsichtlich der kinematischen Charakteristika sowie der Griffkraft am Schreibstift analysiert (Software CS). Die Komplexität des Textmaterials steigerte sich von Kringeln, über Doppelt-LLs und einem Testsatz zu frei geschriebenem Text.

Die wichtigsten Befunde lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Beide Patientengruppen mit Schreibkrampf waren in wesentlichen Charakteristika der Schreibbewegung im Vergleich zu normalen Schreibern gestört. Die Griffkraft am Stift, die in diesem Projekt erstmalig registriert werden konnte, erwies sich dabei als ein hochsensitiver Parameter. Die beiden Patientengruppen waren relativ ähnlich, mit leichten Vorteilen in der Kinematik bei Patienten mit selektiver Schreibstörung. Die Effekte der Aufgaben waren gering. Bemerkenswerterweise fanden sich in beiden Gruppen Patienten mit normaler Schreibkinematik und normaler Griffkraft.

Die Analyse konnte in den meisten Fällen präzise zwischen Patienten mit Schreibkrampf und gesunden Schreibern unterscheiden. Die Griffkraft am Stift erwies sich hierbei als sensitiver Parameter, entsprechend der hypertonen Hauptsymptomatik bei Schreibkrampf.

Nicht desto Trotz konnten manche Patienten kinematische und/oder dynamische Aspekte der Schreibstörungen kompensieren. Dabei kam es allerdings in fast allen Fällen zu Schmerzen. Der Befund vergleichbarer Defizite unabhängig von der Art des Textmaterials deutet darauf hin, dass hinsichtlich der Vulnerabilität für Schreibkrampf alle Aufgaben einem gemeinsamen Aufgabenkomplex (d.h. z.B. auch Kringel gehören zum Schreiben) zuzuordnen sind. Therapieansätze sind daher außerhalb dieses Komplexes zu suchen (z.B. Einsatz proximaler Gelenke).

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG.