Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P468
DOI: 10.1055/s-2007-987739

Kognitive Korrelate kallosaler Atrophie bei MS

A Lombe 1, M Kempa 1, S Rogowski 1, L Tiemann 1, M Arp 1, M Kenkel 1, M Haupts 1, U Schlegel 1, P Calabrese 1
  • 1Bochum

Wichtige Alltagsbehinderungen bei MS beruhen nicht nur auf körperlichen Behinderungen, sondern auch auf abnormer Ermüdbarkeit und kognitiven Leistungseinbußen.

Wir stellten die anhand des MUSIC-Kognitionsinventars erhobene geistige Leistungsfähigkeit der Planimetrie der medianen Corpus-callosum-Fläche als Maß zentraler Hirnatrophie bei 51 Patienten mit diagnostisch gesicherter MS gegenüber. Die mediane Erkrankungsdauer betrug 3,4±5,2 Jahre, der mittlere Behinderungsgrad nach EDSS 3,0±1,9 Punkte (39 schubförmige, 12 sek.-progrediente Verläufe).

Im MUSIC fand sich ein mittlerer Punktwert von 20,6±7,9 Punkten. Bei einem Cut-off von 20/30 Punkten zeigten 33% (17) der untersuchten MS-Patienten subnormale Leistungen im Test, darunter drei von achtzehn Patienten bereits im ersten Erkrankungsjahr. Die integrierte Fatigue-Erfassungsskala dieses Inventars zeigte pathologische Werte für 59% der Untersuchten (mit einer Korrelation von -0,32* zu den Kognitionsleistungen im MUSIC-Gesamtscore). Bei einer mittleren CC-Fläche von 5,2±1,5cm2 lagen 25 (50%) der vermessenen Balken unterhalb der Atrophiegrenze von 5,1cm2. Die Korrelation der CC-Fläche zum MUSIC-Gesamtscore betrug r=0,59**, zur MUSIC-Fatigue Skala r=-0,29*, vergleichsweise r=0,20 zum Wechsler-IQ und r=-0,48** zum EDSS-Behinderungsgrad (bei einer Interkorrelation von EDSS und MUSIC von r=-0,20). Sowohl die Verteilung der MUSIC-Gesamtscores wie der EDSS-Werte differierte signifikant (t-Test p=0,001 bzw. p=0,001) zwischen Patienten mit atrophen bzw. normalen Balken; weniger ausgeprägt zeigte sich dies für Fatigue-Werte (p=0,04).

Die weitere Analyse mittels schrittweiser Regression zeigte die Balkenfläche (r=0,59) sowie den Standard-IQ (Steigerung auf r=0,66) als wesentliche statistische Faktoren der kognitiven Leistungen im MUSIC.

Die Ergebnisse unserer Untersuchung untermauern die quantitative und qualitative Bedeutung kognitiver Beeinträchtigungen bei MS und belegen die Zusammenhänge mit ZNS-Schäden im Rahmen der Erkrankung. Das MUSIC-Inventar erweist sich dabei als ein leicht durchführbares, hinsichtlich der kognitiven Aspekte der Erkrankung sensibles Erfassungsinstrument.