Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P453
DOI: 10.1055/s-2007-987724

Epilepsiebehandlung bei Erwachsenen 2007: Ergebnisse einer Expertenbefragung in Deutschland, Österreich und der Schweiz

G Krämer 1, T May 1, B Schmitz 1, H Stefan 1, BJ Steinhoff 1, S Stodieck 1, E Trinka 1
  • 1Zürich, CH; Kehl-Kork, Erlangen, Bielefeld, Berlin, Hamburg; Innsbruck, A

Fragestellung: Carbamazepin (CBZ) und Valproat (VPA) sind in den deutschsprachigen Ländern nach wie vor die am häufigsten verordneten Antiepileptika (AEDs). Die Zulassung von zahlreichen neuen Wirkstoffen hat nicht nur zu einer Ausweitung der therapeutischen Optionen, sondern auch zu einer Verunsicherung geführt. Leitlinien können bei fehlenden Vergleichsstudien nur teilweise zur Klärung beitragen, auch weil sie sich primär auf den Zulassungsstatus stützen. Deshalb haben wir eine in den USA bereits zweimal durchgeführte Expertenbefragung adaptiert und in den deutschsprachigen Ländern repliziert.

Methoden: Ende 2006 wurde an 47 Experten der Erwachsenenepileptologie in Deutschland. Österreich und der Schweiz ein Fragebogen verschickt (in Anlehnung an Karceski S et al. Epilepsy Behav 2005; 7 Suppl 1: S1-S64). Er bestand neben prinzipiellen Fragen zu therapeutischen Strategien aus 28 Fallgeschichten sowohl idiopathischer als auch symptomatischer Epilepsien. Die Experten wurden dabei auf einer neunstufigen Skala (9=am besten geeignet, 1 ungeeignet) um ihre Einschätzung von 22 zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen gebeten (neben AEDs auch nichtmedikamentöse Verfahren). Die Bewertung sollte ohne Berücksichtigung des aktuellen Zulassungsstatus aufgrund der persönlichen Erfahrung und Einschätzung erfolgen.

Ergebnisse: 44 der 47 kontaktierten Experten antworteten. Für symptomatische oder vermutlichsymptomatische Epilepsien mit fokalen Anfällen wurden von den neuen AEDs Lamotrigin und Levetiracetam (LEV) als Therapie der Wahl eingeschätzt, in einigen Behandlungssituationen auch Oxcarbazepin und Topiramat (TPM). CBZ wurde im Vergleich dazu ungünstiger eingeschätzt. Für idiopathische Epilepsien mit generalisierten Anfällen wurde VPA in der Regel am besten eingeschätzt (mit Ausnahme von Frauen im gebärfähigen Alter). Im Vergleich zu der US-amerikanischen Befragung wurde LEV besser eingeschätzt, während von den neueren AEDs TPM und Zonisamid und von den älteren Wirkstoffen Phenytoin schlechter abschnitten.

Schlussfolgerung: Obwohl es sich bei Expertenmeinungen um Klasse-4-Daten handelt, können sie in Ergänzung zu bestehenden Leitlinien als weitere Orientierungshilfe dienen.