Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P447
DOI: 10.1055/s-2007-987718

Unterbrechung eines Absencen-Status durch niedrigdosierte intravenöse Levetiracetam-Gabe

DM Altenmüller 1, A Buller 1, R Surges 1, A Schulze-Bonhage 1
  • 1Freiburg

Hintergrund: Die Wirksamkeit von Levetiracetam (LEV) bei idiopathischen generalisierten Epilepsien (IGE) ist gut belegt. Erst seit kurzem steht neben der oralen auch eine intravenöse (iv) Applikationsmöglichkeit zur Verfügung. Bislang liegen keine Berichte über den Einsatz von iv LEV zur Behandlung eines Absencen-Status vor.

Fallbericht: Wir berichten über einen 37-jährigen Patienten mit IGE, bei dem sich während des Video-EEG-Monitorings ein Absencenstatus in Form einer allmählich zunehmenden Konzentrations- und Denkstörung manifestierte. Im EEG zeigten sich diskontinuierlich, jedoch mit zunehmender Häufigkeit generalisierte Sharp-wave-Komplexe. Etwa 19 Stunden nach klinischem Statusbeginn waren bei der neuropsychologischen Testung (NT) deutliche kognitive Defizite auffällig. Die epilepsietypischen Potentiale (ETP) nahmen zu diesem Zeitpunkt bis zu 60% der Zeit ein. Es wurde die Indikation zur Statusunterbrechung gestellt und über einen Zeitraum von 5 Minuten 500mg LEV iv verabreicht. Mit einer Latenz von 20 Minuten erfolgte über einen Zeitraum von 15 Minuten die Infusion von weiteren 500mg LEV. Bereits nach Gabe von 250mg LEV gab der Patient eine deutliche subjektive Entlastung an, nach 500mg LEV war nach subjektiver Einschätzung der Ausgangszustand vor Beginn des Absencenstatus wieder erreicht. Die erneute NT nach Applikation von 500mg bzw. 1000mg LEV dokumentierte eine dosisabhängige Verbesserung der kognitiven Leistungen, wobei diese nach Gabe von 1000mg LEV wieder im Normbereich lagen. Bezüglich der Anzahl der ETP und der Summe ihrer Dauer war nach Verabreichung von LEV eine dosisabhängige Reduktion zu verzeichnen. Der Patient blieb klinisch anhaltend beschwerdefrei. Nebenwirkungen der iv LEV-Statusbehandlung wurden nicht beobachtet.

Schlussfolgerung: Im vorliegenden Fall wurde ein zuvor über 20 Stunden anhaltender Absencenstatus mithilfe von iv verabreichtem LEV prompt und anhaltend unterbrochen, was sich im EEG in einer dosisabhängigen Reduktion der ETPs und testpsychologisch in einer dosisabhängigen Verbesserung kognitiver Leistungen widerspiegelte. Die hierfür erforderliche Dosis war vergleichsweise niedrig und ging nicht mit Nebenwirkungen einher. Wie für komplex-fokale Status epileptici im Rahmen fokaler Epilepsien beschrieben, stellt die iv LEV-Gabe auch bei IGE eine mögliche Therapiealternative zur meist effektiven, aber nicht selten mit Sedierung einhergehenden Behandlung eines nicht-konvulsiven Status epilepticus mit Benzodiazepinen dar.