Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P434
DOI: 10.1055/s-2007-987705

Die Einnahme von Antiepileptika ist ein Risiko für das Auftreten eines Folsäuremangels

CE Elger 1, S Moskau 1, A Scholz 1, K Fletcher 1, B Stoffel-Wagner 1, G Widman 1, T Klockgether 1, C Helmstaedter 1, M Linnebank 1
  • 1Bonn

Fragestellung: Die Daten mehrerer kleiner Studien schlagen vor, dass Antiepileptika (AED) zu einem Mangel an Folsäure (FS) oder Vitamin-B12 führen können. Wir haben die Häufigkeit eines FS- und Vitamin-B12-Mangels sowie auslösende Faktoren am Kollektiv der Patienten der Klinik für Epileptologie in Bonn untersucht.

Methoden: Wir bestimmten im Jahr 2005 bei 697 stationären und 3927 ambulanten Patienten den FS- und Vitamin-B12-Serumspiegel. Bei stationären Patienten mit FS- oder Vitamin-B12-Mangel wurde zusätzlich der Homocysteinspiegel bestimmt. Die Normwerte für FS (3–17ng/ml), Vitamin B12 (180–920pg/ml) und Homocystein (<13umol/L) wurden an 200 Kontrollen überprüft. Wir dokumentierten die AED-Medikation und bestimmten die Medikamentenspiegel. Mittels nominaler Regressionsanalyse verglichen wir die Patienten- und Kontrollgruppe bezüglich Alter, Geschlecht und Prävalenz des FS- und Vitamin-B12-Mangels und untersuchten den Einfluss der Kovariablen Alter, Geschlecht und Einnahme der verschiedenen AED auf das Auftreten eines FS- und Vitamin-B12-Mangels.

Ergebnisse: Die Patienten- und Kontrollgruppe unterschieden sich nicht signifikant bezüglich Alter, Geschlecht und Prävalenz des Vitamin-B12-Mangels. Ein FS-Mangel war dagegen in der Gruppe der Patienten signifikant häufiger nachweisbar (18% der Patienten vs. 8% der Kontrollen, chi2=17,76; p<0,001). 76% der stationären Patienten mit FS-Mangel und 61% mit Vitamin-B12-Mangel hatten erhöhte Homocysteinspiegel.

Schlussfolgerungen: Die vorliegende große Studie zeigt, dass die Einnahme von AED mit einem FS-Mangel assoziiert ist. Dieser kann Blutbildveränderungen und eine Hyperhomocysteinämie verursachen, ist während der Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko von Neuralrohrdefekten verbunden und wird als Risikofaktor für die Entstehung von Malignomen diskutiert. Aktuell untersuchen wir an unserem Patientenkollektiv die Assoziation der einzelnen AED sowie demographischer und genetischer Faktoren mit dem Auftreten des FS-Mangels sowie dessen neuropsychologische, metabolische und epigenetische Folgen. Dies soll demnächst erlauben, Risikopatienten zu definieren, für die eine prophylaktische Einnahme von Folsäure empfehlenswert ist.