Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P422
DOI: 10.1055/s-2007-987693

Singultus als isoliertes Symptom einer Läsion der dorsolateralen Medulla oblongata

A Bröhl 1
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Einleitung: Singultus ist ein unspezifisches Symptom unterschiedlichster internistischer wie neurologischer Krankheitsbilder, in der Literatur finden sich etwa 100 verschiedene Ursachen. Zu über zwei Dritteln findet sich eine gastrointestinale Ätiologie. Ein Auftreten von Singultus bei lateralen und dorsolateralen Läsionen der Medulla oblongata wurde bereits beschrieben, jedoch nicht als isoliertes Symptom sondern einhergehend mit anderen Hirnstammsymptomen.

Fallbericht: Ein 68-jähriger Patient berichtete über einen plötzlich einsetzenden Singultus, der seit dem Beginn 8 Tage vor Aufnahme durchgehend tagsüber wie nachts bestand und ohne weitere Begleitsymptomatik blieb. In der klinisch-neurologischen Untersuchung ließen sich keine Auffälligkeiten erheben. 4 Jahre zuvor hatte sich eine transitorisch ischämische Attacke im vertebrobasilären Stromgebiet ereignet.

Die cerebrale Computertomographie blieb unauffällig. Die kraniale Kerspintomographie zeigte eine 6mm messende unklare Struktur im Bereich der dorsolateralen Medulla oblongata nahe zum Obex, die ringförmig Kontrastmittel aufnahm. Differentialdiagnostisch wurde eine entzündliche oder tumoröse Läsion oder eine subakute Ischämie in Betracht gezogen.

Zur genaueren Klassifizierung erfolgte eine Liquordiagnostik inklusive Untersuchungen auf M. Whipple, Neurosarkoidose und virale Erkrankungen, die einen unauffälligen Befund ergab. Die kardiovaskuläre Abklärung erbrachte lediglich eine asynchrone Septummotilität bei Linksschenkelblock, ein persistierendes Foramen ovale ohne Vorhofseptumaneurysma war bereits vorbekannt.

3,5 Monate nach Entlassung erfolgte eine MRT-Kontrolle. Die Läsionsgröße sowie die Schrankenstörung waren regredient, so dass die Läsion am ehesten einem subakuten Infarkt in der dorsolateralen Medulla oblongata entsprach.

Der Singultus erwies sich als resistent gegenüber einer Behandlung mit Chlorpromazin und Benzodiazepinen, sistierte aber unter 20mg Baclofen täglich. Im weiteren Verlauf konnte die Dosierung reduziert werden ohne dass es erneut zum Singultus kam.

Zusammenfassung: Bei diesem Fall einer ischämischen Läsion im Bereich der dorsolateralen Medulla oblongata bei einem 68-jährigen Mann präsentierte sich als einziges klinisches Symptom ein akut aufgetretener Singultus, der erst durch Gabe von Baclofen sistierte. Auch bei völligem Fehlen von weiteren klinisch neurologischen Defiziten sollte also eine Hirnstammläsion als zugrundeliegende Ursache eines Singultus in Betracht gezogen werden.