Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P382
DOI: 10.1055/s-2007-987653

Quantifizierung motorischer Defizite der Huntington'schen Krankheit – bietet die Genauigkeit der Zungenkraft ein objektives Maß?

S Bohlen 1, HW Lange 1, T Klopstock 1, D Auer 1, EB Ringelstein 1, R Reilmann 1
  • 1Münster, München; Nottingham, UK

Gegenstand: Die Analyse der Exaktheit von Protrusionskräften der Zunge symptomatischer Huntington Patienten und die Korrelation mit dem Total Motor Score (TMS) der Unified Huntington's Disease Rating Scale (UHDRS).

Hintergrund: Im Verlauf der Huntington'schen Krankheit (HK) verlieren Patienten die Fähigkeit, ihre Zunge über längere Zeit aus dem Mund zu strecken (Huntington, 1872). Dies wird auch klinisch im TMS bewertet. Wir konnten bereits zeigen, dass Patienten eine höhere Zungenkraftvariabilität und eine verminderte -ausdauer aufweisen.

Probanden und Methoden: 19 HK Patienten und 19 gesunde Probanden streckten ihre Zunge aus dem Mund gegen einen Kraftsensor in ca. 2cm Entfernung. Sie wurden instruiert, auf einem Monitor präsentierte Zielkräfte von 0,25 bzw. 1,0 N über 30 Sekunden zu halten (je 7 Versuche pro Level). Die Daten wurden mittels des Computerprogramms SC/ZOOM (Universität Umeå, Schweden) analysiert. Innerhalb eines Fensters von 20 Sekunden wurde die Zeit, während der die Zungenkraft±50% bzw.±20% der Zielkraft erreichte, als ausreichend exakt bewertet. Der TMS-UHDRS jedes Patienten wurde durch einen unabhängigen Untersucher erhoben. Die statistische Analyse erfolgte mittels ANOVA.

Ergebnisse: Die Patienten hielten sich mit ihrer Zungenkraft signifikant kürzer innerhalb der Zielkorridore auf als die gesunden Probanden (p<0,001 in beiden Kraftkonditionen und für beide Toleranzbereiche). Eine Korrelation zum TMS ergab sich für das Kraftniveau 1,0 N für den Toleranzbereich±50% (p<0,05). Für die beiden Toleranzbereiche des Zielkraftniveaus 0,25 N sowie für den Toleranzbereich±20% des Zielkraftniveaus 1,0 N ergaben sich Tendenzen zu einer klinischen Korrelation (p=0,72, p=0,51, p=0,74).

Diskussion: Die Ergebnisse unterstützen die These, dass sich mittels Zungenkraftanalyse motorische Defizite symptomatischer Huntington Patienten objektiv erfassen lassen. Die Untersuchung weiterer Patienten wird zeigen, ob sich insgesamt signifikante Korrelationen mit dem TMS ergeben. Die Untersuchung asymptomatischer Huntington Genträger sowie eine longitudinale Studie werden zur Zeit durchgeführt, um die Sensitivität der Methode beurteilen und die Frage nach einer Progredienz der erfassten Defizite beantworten zu können.