Aktuelle Neurologie 2007; 34 - M349
DOI: 10.1055/s-2007-987621

Hohe Opiatrezeptordichte im lateralen nozizeptiven System des Menschen

U Baumgärtner 1
  • 1Mainz

Einleitung: Frühere PET Studien (Jones et al. 1991, Vogt et al. 1995) haben gezeigt, dass Opiatrezeptoren vornehmlich im medialen Schmerzsystem vorkommen (im medialen Thalamus und dem anterioren Cingulum), welches mit der Verarbeitung der affektiv-motivationalen Schmerz-komponente befasst ist (Melzack and Casey 1968). Wenig ist dagegen über Opiatrezeptoren im lateralen Schmerzsystem bekannt (z.B. SI und operkulo-insulärer Kortex). Während die Insel eine hohe Rezeptordichte hat (Jones et al. 1991), scheint sie in SI sehr gering zu sein (Vogt et al. 1995). Das Operkulum ist bisher keiner separaten Analyse unterzogen worden. In dieser Studie quantifizierten wir die Opiatrezeptordichte in vorselektierten regions of interest (ROIs), um die Kolokalisation von Opiatrezeptoren im Schmerzsystem des Menschen zu untersuchen (Baumgärtner et al. 2006).

Methodik: Elf gesunde Probanden unterzogen sich einer PET-Messung unter Verwendung des opioidergen Radioliganden [F-18]ethyl-diprenorphin. Das Bindungspotential (BP) wurde mit dem modifizierten Logan-Plot errechnet, wobei der okzipitale Kortex die Referenzregion darstellte. Regions of interest wurden auf individuellen MRT-Bildern bestimmt, mit denen die Bindungspotential-Karten anschließend überlagert wurden.

Resultate: Das BP für [F-18]ethyl-diprenorphin war im primären sensomotorischen Cortex (SI/MI) am niedrigsten, die höchsten BP fanden sich in Thalamus (1,36), Basalganglien (Putamen: 1,22, N. caudatus: 1,16) und Amygdala (1,21). Der anteriore wies ein höheres BP auf als der mittlere Gyrus cinguli (ACC: 1,11; MCC: 0,86). Die BP im Bereich des operkulo-insulären Kortex waren in allen ROIs hoch: vordere Insel (1,16), hintere Insel (1,05), frontales Operculum (0,99) und parietales Operculum (SII: 0,77). Eine Faktorenanalyse der interindividuellen Variabilität der Opiatrezeptor-BP ergab vier Faktoren (95% erklärte Varianz): 1) operkulo-insuläre Areale, ACC, MCC und Putamen, 2) Amygdala und Thalamus, 3) N. caudatus und Thalamus, 4) SI/MI und MCC.

Schlussfolgerungen: Insel und Operkulum haben als Teile des lateralen Schmerzsystems eine ähnlich hohe Opiatrezeptordichte wie der Gyrus cinguli als zentraler Teil des medialen Schmerzsystems: Kortikale antinozizeptive Opiateffekte werden daher wahrscheinlich sowohl durch das Cingulum als auch den operkulo-insulären Kortex vermittelt, der möglicherweise das primäre nozizeptive Areal darstellt.

Unterstützt durch die DFG(Tr 236/13–3), und das BMBF (DFNS 01EM0506))