Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V270
DOI: 10.1055/s-2007-987576

Affektion motorischer Fasersysteme bei der kortikobasalen Degeneration

K Boelmans 1, J Kaufmann 1, N Bodammer 1, G Ebersbach 1, H Heinze 1, L Niehaus 1
  • 1Magdeburg, Beelitz-Heilstätten

Als kortikobasale Degeneration (CBD) wird eine progressive Parkinsonerkrankung bezeichnet, die durch eine Kombination aus basalganglionären und kortikalen Symptomen charakterisiert ist. Die Abgrenzung der CBD gegenüber anderen neurodegenerativen Erkrankungen kann aufgrund der Symptomvariabilität erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Obwohl die asymmetrische Bewegungsstörung zu den obligaten klinischen Symptomen gehört und regelhaft auftritt, konnte bislang eine Beteiligung motorischer Projektionen in vivo nicht nachgewiesen werden. In der vorliegenden Studie wurde eine diffusionsgewichtete MRT mit quantitativer Fasertraktographie eingesetzt, um die axonale Integrität kortikospinaler und transkallosaler Projektionen bei der CBD zu analysieren.

Zehn Patienten (mittlere Erkrankungsdauer 44 Monate), die die klinischen Kriterien einer CBD erfüllen, sowie zehn altersgemittelte, gesunde Personen wurden an einem 1,5T MR Tomographen mittels 3D T1w und DTI untersucht. Für die Traktographie wurden bilaterale Startregionen in der kortikospinalen Bahn (CST) in Höhe der Medulla oblongata sowie in fünf equidistanten Segmenten des Corpus callosum (CC) in der mid-sagittalen Schicht definiert. Die Faserberechnung erfolgte mittels einer Monte-Carlo Simulation. Innerhalb der berechneten Pfade wurden faserspezifische Werte wie der Diffusionskoeffizient (ADC) und der fraktionale Anisotropie-Index (FA) bestimmt. Zur statistischen Evaluation der gemessenen Parameter wurden nicht-parametrische Testverfahren eingesetzt.

Bei den CBD-Patienten fand sich eine deutlich reduzierte CST Faserzahl im Vergleich zu den Kontrollen. Die kortikospinale Bahn der Patienten zeigte erhöhte ADC-Werte und kleinere FA-Werte in der klinisch zuerst betroffenen Hemisphäre. Die Kontrollen zeigten keine signifikanten Unterschiede in der CST Faserzahl oder den Diffusionsparametern beider Hemisphären. Im CC zeigten sich bei den CBD-Patienten signifikant weniger Faserprojektionen vor allem im posterioren Truncus mit einem vergrößerten ADC und kleinerem FA im Vergleich zu den Kontrollen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die MR-Traktographie sensitiv ist, um die Affektion motorischer Bahnen bei der CBD zu detektieren. Die gegenläufigen Muster aus ADC-Anstieg und FA-Reduktion im CST und CC weisen auf eine mikrostrukturelle Faserdegeneration hin. In der klinischen Routine könnten unsere Ergebnisse zu einer verbesserten Frühdiagnostik der CBD in vivo beitragen und die differentialdiagnostische Abgrenzung erleichtern.