PiD - Psychotherapie im Dialog 2008; 9(1): 72-75
DOI: 10.1055/s-2007-986377
Aus der Praxis

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kriegsfolgen in Lebensgeschichten

Vom „Söhneln” der Männer und „Kränkeln” der Töchter bei (spät geschiedenen) KriegskindernInsa  Fooken
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Die seelischen Folgen der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs für Kinder sind im Verlaufe der letzten 60 Jahre von den psychosozialen Professionen sehr unterschiedlich bewertet und thematisiert worden. Während es kurz nach Kriegsende zu einem Hinschauen auf die Not der Kinder kam, begann danach im Interesse einer Normalitätssehnsucht ein langer Zeitraum des Beschweigens, gefolgt von Prozessen des Moralisierens. Erst in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Alter und den damit oft verbundenen Erfahrungen von sozialem Verlust und Kontrollverlust, wird die eigene Geschichte mit verdrängtem Leid und Affekten bei vielen Angehörigen dieser Generation allmählich biografisch und zeithistorisch verortet und angeeignet. Am Beispiel von Erkenntnissen einer Studie zu Scheidungen nach langjährigen Ehen werden mögliche Spuren solcher Kriegskindsozialisationen im Beziehungsverhalten und in Beziehungsproblemen nachgezeichnet und zur Diskussion gestellt.

Literatur

  • 1 Fooken I. „Späte Einsichten” bei „späten Trennungen”: Plötzlicher Konsensbruch, trügerische Konsens-Illusion oder langjähriger Dissens? Subjektive Repräsentationen biografischer Verlaufsmuster und Seelische Gesundheit im zeitgeschichtlichen Kontext.  Zeitschr Famforschg. 2004;  14 (3) 289-304
  • 2 Fooken I. Kriegskinder aus europäischer Perspektive - eine kurze Bestandsaufnahme. In: Radebold H, Heuft G, Fooken I (Hrsg) Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. Kriegserfahrungen und deren Folgen aus psychohistorischer Perspektive. Weinheim; Juventa 2006: 144-153
  • 3 Fooken I, Lind I. Scheidung nach langjähriger Ehe im mittleren und höheren Erwachsenenalter. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Band 113. Stuttgart u. a.; Verlag W. Kohlhammer 1997
  • 4 Franz M, Liebherz K, Schepank H. Das Fehlen der Väter und die spätere seelische Entwicklung der Kriegskinder in einer deutschen Bevölkerungsstichprobe. In: Radebold H (Hrsg) Kindheit im II. Weltkrieg und ihre Folgen. Gießen; Psychosozial 2004 a: 45-56
  • 5 Grossmann K, Grossmann K E. Bindungen - das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart; Klett-Cotta 2004
  • 6 Lind I. Späte Scheidung. Eine bindungstheoretische Analyse. Münster; Waxmann 2001
  • 7 Lippert E, Keppel C. Deutsche Kinder in den Jahren 1947 bis 1950. Beitrag zur biologischen und epochalpsychologischen Lebensaltersforschung.  Schweiz Zeitschr Psychol Anwendung. 1950;  9 212-322
  • 8 Radebold H. Abwesende Väter und Kriegskindheit. Fortbestehende Folgen in Psychoanalysen. Göttingen; Vandenhoeck & Ruprecht 2000
  • 9 Radebold H (Hrsg). Kindheit im II. Weltkrieg und ihre Folgen. Gießen; Psychosozial 2004
  • 10 Radebold H. Die dunklen Schatten der Vergangenheit. Stuttgart; Klett-Cotta 2005
  • 11 S.E.P.E.G .Beiheft zur Schweizerischen Zeitschrift für Psychologie und ihre Anwendungen, Nr. 14. Bern; Hans Huber 1948

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. Insa Fooken

Fachbereich 2, Universität Siegen

Adolf-Reichwein-Straße 2

57068 Siegen

Email: fooken@psychologie.uni-siegen.de

    >