PiD - Psychotherapie im Dialog 2007; 8(4): 371-377
DOI: 10.1055/s-2007-986277
Aus der Praxis

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Komplexe Falldarstellung von Borderline & Co.

Stefan  Junker
Further Information

Publication History

Publication Date:
27 November 2007 (online)

Zusammenfassung

Im folgenden Artikel wird die Psychotherapie einer jungen Patientin mit einer komplexen emotional-instabilen Symptomatik vorgestellt. Anlass für die Behandlung war ihre Vorstellung zum Alkoholentzug in einer psychiatrischen Klinik. Neben einer Borderline-Persönlichkeitsstörung war sie auch schwer alkoholabhängig, erfüllte die Kriterien für eine Double Depression mit schwerer depressiver Episode und wies eine atypische Bulimie auf. Nach der Schilderung ihrer lebensgeschichtlichen Entwicklung werden Überlegungen zur Entstehung und Aufrechterhaltung ihrer Symptomatik unter Rückgriff auf verhaltenstherapeutische, systemische, tiefenpsychologische und neurophysiologische Modelle angestellt. Im Anschluss daran erfolgt die Darstellung markanter Elemente und Probleme des Behandlungsprozesses. Abschließend werden einige grundlegende Überlegungen zum Therapieprozess skizziert.

Literatur

  • 1 Berg I K, Miller S D. Kurzzeittherapie bei Alkoholproblemen: Ein lösungsorientierter Ansatz. Heidelberg; Carl-Auer-Systeme 2004
  • 2 Bohus M. Borderline-Störung. Göttingen; Hogrefe 2002
  • 3 Grawe K. Neuropsychotherapie. Göttingen; Hogrefe 2004
  • 4 Schweitzer J, Schlippe A von. Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung II: Das störungsspezifische Wissen. Göttingen; Vandenhoeck und Ruprecht 2006
  • 5 Selvini-Palazzoli M, Boscolo L, Cecchin G, Prata G. Hypothetisieren - Zirkularität - Neutralität: Drei Richtlinien für den Leiter der Sitzung.  Familiendynamik. 1981;  6 (2) 123-139

1 Interessanterweise ist „schlecht gehen” bei der kleinen Schwester in Form einer eindrücklichen rituellen Verhaltensweise symbolisiert: kleine tägliche Verletzungen der eigenen Haut (mit Insulinspritzen). Inwieweit dies im Sinne eines Modells eine Rolle bei der Entstehung des „Ritzens” (= „auch mir geht es schlecht, auch ich brauche Aufmerksamkeit”) bei der Patientin gespielt hat, bleibt jedoch spekulativ.

2 Die „Alkoholvorfälle” standen in Zusammenhang damit, dass Frau R. in der Klinik einen abstinenzunwilligen Polytoxpatienten kennengelernt hatte und für einige Wochen eine wechselhafte hochemotionale intime Beziehung zu ihm unterhielt.

3 Beispiel für Annahme der Mutter: „Ich wende mich von meiner Tochter ab, weil sie sich extrem verhält, um mich zu provozieren.”

3 Beispiel für Annahme der Patientin: „Ich verhalte mich extrem, weil ich es nicht aushalte, dass meine Mutter sich von mir abwendet.”

Korrespondenzadresse:

Dipl.-Psych. Stefan Junker

Karl-Marx-Straße 5

64665 Alsbach-Hähnlein

Email: SJunker@gmx.de

    >