ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2007; 116(5): 209
DOI: 10.1055/s-2007-983915
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Geld haben - Geld ausgeben

Cornelia Gins
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 June 2007 (online)

Die positiven Meldungen überschlagen sich: Die deutsche Wirtschaft boomt, wird weiter boomen. Keine Schätzung ist derzeit zu riskant, keine Erwartung zu verwegen, als dass sich nicht schöne Überlegungen daran knüpfen ließen, was man mit dem vielen Geld anfangen könnte.

Als erstes fallen einem die Familien ein. Wer könnte gegen Kindergärten und Krippenplätze sein? Auch die Bundeswehr hat sich schon zu Wort gemeldet: Die Kasernen seien in einem bedauernswerten Zustand. Die Wirtschaft hat ebenfalls Wünsche: Eine ordentliche Anschubfinanzierung, und die Unternehmen könnten entlastet und somit international wettbewerbsfähiger werden. Und da ist natürlich der Bürger, der Steuerzahler. Er wünscht sich das Geld einfach wieder zurück. Anpassung der Renten oder Senkung der Gesundheitskostenbeiträge wären beispielsweise möglich.

Nun, an Letzterem wären wir auch sehr interessiert. Wenn der Bürger, also auch Patient, mehr Geld in der Tasche hätte, würde das unseren Berufsstand mehr als nur erfreuen - wird es doch zunehmend schwieriger, die aktuellen Prothetikrichtlinien dem Geldbeutel des Patienten anzupassen. Wie schnell geht eine prothetische Planung aus der Regelversorgung in eine gleichartige oder andersartige Versorgung. Einige Kollegen werden jetzt sagen, das sei ja auch so gewünscht, die Solidargemeinschaft solle von unnötigen Kosten entlastet werden. Fein gedacht - solange keine umfangreichen Planungen gemacht werden müssen. Ganz schwierig empfinde ich die Situation, wenn eine prothetische Arbeit, die sich seit Jahren im Mund des Patienten bewährt hat, nun nicht erneuert werden kann, weil die Versorgung nicht mehr in die Richtlinien passt. Nur noch mit erheblichem finanziellen Aufwand wäre eine Neuversorgung möglich. Um also die Kosten für die Patienten einigermaßen überschaubar zu halten, muss nun gelegentlich tief in die dentale Trickkiste gegriffen werden. Das kann ja eigentlich nicht der Sinn der Sache sein.

Die Möglichkeiten der Zahnmedizin stehen inzwischen in krassem Gegensatz zu den finanziellen Möglichkeiten der Patienten, zumindest in Berlin. Mit der 2-Klassen-Zahnmedizin muss nicht mehr gedroht werden, sie ist schon längst Realität. Etwas mehr Geld im Säckel des Patienten könnte die Situation vielleicht ein wenig entschärfen. Dann könnte er sich neben der Reise in die Sonne auch noch ein neues „Esszimmer” leisten.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

    >